Lkw-Maut: Ausdehnung auf Bundesstraßen

Die Lkw-Maut gilt nun auch auf allen Bundesstraßen in Deutschland und soll noch mehr Geld für Verkehrs-Investitionen einbringen. Der Betreiber Toll Collect schaltete ein deutlich erweitertes Streckennetz für sein Abrechnungssystem frei

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Lkw-Maut

(Bild: Toll Collect)

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  • dpa

Diese Säulen wurden in den vergangenen Monaten an vielen Stellen aufgestellt.

(Bild: Toll Collect)

Die Lkw-Maut gilt gut 13 Jahre nach ihrer Einführung auf den Autobahnen nun auch auf allen Bundesstraßen in Deutschland und soll noch mehr Geld für Verkehrs-Investitionen einbringen. Der Betreiber Toll Collect schaltete in der Nacht zu Sonntag (1. Juli 2018) ein deutlich erweitertes Streckennetz für sein Abrechnungssystem frei, wie das Unternehmen in Berlin mitteilte. Bisher mussten Laster ab 7,5 Tonnen schon für das Fahren auf rund 2300 Kilometer Bundesstraße zahlen. Jetzt wurde die Mautpflicht auf das ganze, rund 39.000 Kilometer lange Bundesstraßen-Netz ausgedehnt. Das Transportgewerbe protestiert gegen Mehrbelastungen.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) erwartet künftig Einnahmen von im Schnitt 7,2 Milliarden Euro pro Jahr, wenn zum 1. Januar 2019 auch neue Tarifsätze gelten. Das sind 2,5 Milliarden Euro mehr als bisher. Abzüglich der Kosten für den Systembetrieb ist das Geld für Erhalt und Ausbau der Straßen reserviert. Da etwa acht Prozent der Bundesstraßen in der Regie der jeweiligen Länder liegen, bekommen sie auch einen entsprechenden Anteil der Einnahmen. Die Ausdehnung auf alle Bundesstraßen hatte noch die vorige große Koalition beschlossen. Dies soll auch das Nutzerprinzip durchsetzen, da tonnenschwere Laster Fahrbahnen und Brücken stark strapazieren.

Das gebührenpflichtige Netz vergrößert sich nun auf einen Schlag von 15.000 auf 52.000 Kilometer. Dabei umfasste es bisher neben den Autobahnen meist nur gut ausgebaute Bundesstraßen-Abschnitte. Nun erstreckt sich das Maut-Netz bis in Durchgangsstraßen von Dörfern und Städten. Der Betreiber Toll Collect musste das Streckenmodell für sein satellitengestütztes Abrechnungssystem daran anpassen. Statt einst 9000 gibt es nun 140.000 Tarifabschnitte. Und auch kurzfristige Änderungen wie Baustellen oder Sperrungen müssen abgebildet werden.

Um die Maut zu überwachen, will das Bundesamt für Güterverkehr mehr Kontrollpersonal für seine mobile Streifen einsetzen. Daneben gibt es 300 feste Kontrollbrücken an Autobahnen. An den Bundesstraßen sollen 600 Kontrollsäulen stehen. Zur automatischen Überprüfung werden damit Fotos vorbeifahrender Fahrzeuge gemacht und wieder gelöscht, wenn korrekt bezahlt wurde. Mit Tempo-Blitzern verwechselt werden sollten die Säulen nicht – sie sind vier Meter hoch und blau-grün lackiert. Extra Maut-Hinweisschilder gibt es außer an grenzüberschreitenden Straßen nicht. Wenn Lastwagen zum Beispiel an Kreuzungen nur wenige Meter über eine Bundesstraße rollen, ist das mautfrei möglich.

Toll Collect rechnet damit, dass durch die Ausdehnung des Netzes zusätzliche 140.000 Lkw aus dem In- und Ausland Maut zahlen müssen. Bisher sind schon 1,1 Millionen Laster mit Bordcomputer (OBU) zur automatischen Abrechnung unterwegs. Manuell geht das an Automaten und über eine App. Von der Maut ausgenommen bleiben Fahrzeuge von Straßenreinigung und Winterdienst – nicht aber Müllwagen und Fahrzeuge der öffentlichen Strom-, Gas- und Wasserversorgung. Der Verband kommunaler Unternehmen fordert auch für sie eine Befreiung. Speditionen protestieren gegen die Mehrbelastung und warnen vor höheren Verbraucherpreisen. Damit rechnet das Ministerium aber nicht. Woher das Geld dann kommen soll, ließ das Ministerium allerdings offen.

Die Debatte über die Zukunft der Lkw-Maut flammt nun auch wieder auf. Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer sagte der dpa: „Nur mit einer deutlichen Erhöhung der Mautsätze kann der ungebremsten Zunahme des Lkw-Verkehrs auf unseren Straßen Einhalt geboten und der Gütertransport verstärkt auf die Schiene verlagert werden.“ Der Bundesrat befasst sich an diesem Freitag (6. Juli 2018) mit den für 2019 geplanten neuen Tarifen, die auch Kosten der Lärmbelastung einbeziehen sollen. Die Ausschüsse der Länderkammer empfehlen dabei auch, die Maut auf kleinere Lkw-Transporter ab 3,5 Tonnen und Fernbusse auszudehnen. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist beides aber nicht vorgesehen.

Wichtige Entscheidungen muss demnächst auch Bundesverkehrsminister Scheuer treffen. Der Vertrag mit Toll Collect endet am 31. August 2018. Dann sollen die Anteile, vorübergehend für sechs Monate, an den Bund gehen. Noch in diesem Jahr soll ein neuer Betreiber den Zuschlag bekommen, der dann ab 1. März 2019 den Mautbetrieb übernimmt. (mfz)