Indien: Lynchmorde nach viralen Gerüchten – WhatsApp verspricht Änderungen

In Indien häufen sich Berichte über Gerüchte auf WhatsApp, die Gewalt und sogar Lynchmorde auslösen. Die Regierung verlangt technische Gegenmaßnahmen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 91 Kommentare lesen
Indien: Virale Gerüchte führen zu Lynchmorden – Whatsapp verspricht Änderungen
Lesezeit: 3 Min.

Als Reaktion auf Berichte über Lynchmorde in Indien, die durch viral verbreitete Gerüchte ausgelöst wurden, hat WhatsApp dem IT-Ministerium des Landes Gegenmaßnahmen zugesagt. Der zu Facebook gehörende Messenger hat damit auf ein Statement des Ministeriums für Elektronik und IT reagiert, in dem der Dienst aufgefordert worden war, "unverzüglich" angemessene technische Vorkehrungen zu treffen, um die Verbreitung derart gefährlicher Nachrichten zu unterbinden. Da die mit dem Messenger verschickten Nachrichten Ende-zu-Ende verschlüsselt sind und selbst WhatsApp sie nicht einsehen kann, stellt das den Anbieter vor Schwierigkeiten.

Hintergrund der Diskussion sind vermehrte Berichte über Lynchmorde in Indien, die auf Gerüchte zurückgeführt werden, die über WhatsApp verbreitet werden. Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, nutzen mehr als 200 Millionen Inder den Messenger und immer wieder schüren demnach Falschmeldungen oder "Fake News" Panik. So habe ein Mob im Bundesstaat Maharashtra fünf Männer zu Tode geprügelt, offenbar nur, weil einer von ihnen ein kleines Mädchen angesprochen hatte. Ermittlungen hätten ergeben, dass dort vorher "falsche Gerüchte" über angebliche Kindesentführer im Umlauf waren. In jüngster Zeit häufen sich demnach derartige Berichte – immer wieder gibt es Verletzte und Tote.

Nachdem die indische Regierung nun "klipp und klar" unverzügliche Maßnahmen gegen diese Bedrohung gefordert hat, verweist WhatsApp auf eigene Versuche, Abhilfe zu schaffen. So teste man in Indien ein Symbol, das Nutzern anzeigt, wenn eine WhatsApp-Nachricht lediglich weitergeleitet und nicht vom Absender selbst verfasst wurde: "Das könnte als wichtiges Signal für Empfänger dienen, zweimal nachzudenken, bevor sie selbst Nachrichten weiterleiten", erklärt der Dienst laut der Hindustan Times. Es sei geplant, die Funktion "bald" einzuführen.

Außerdem verweist das Unternehmen dem Bericht zufolge auf eine Änderung für WhatsApp-Gruppen, die vergangene Woche freigeschaltet wurde. Seitdem können Administratoren in Gruppen festlegen, ob nur Administratoren oder alle Nutzer Nachrichten darin absetzen können. Auch das soll helfen, die Verbreitung von Gerüchten und Falschmeldungen zu verringern. Weiterhin wolle WhatsApp mit Akademikern in Indien die Verbreitung von Falschmeldungen untersuchen.

Für die WhatsApp-Mutter Facebook ist das Problem nicht neu. Immer wieder gibt es Berichte darüber, dass das soziale Netzwerk dazu genutzt wird, um zu Hass und Gewalt anzustacheln. Vor wenigen Monaten hatten etwa UN-Beobachter geurteilt, dass Facebook einen entscheidenden Anteil an dem Konflikt in Myanmar hat, wo Hunderttausende Angehörige der muslimischen Minderheit der Rohingya aus dem Land geflüchtet sind. "Ich befürchte, dass Facebook zur Bestie geworden ist und nicht mehr das ist, wozu es gedacht sei", hatte die UN-Sonderberichterstatterin Yanghee Lee erklärt. Sie hatte kritisiert, dass das meiste, was auf der Plattform geschehe, ungeprüft passiere. (mho)