Upload-Filter: EU-Datenschützer warnt vor Copyright-Reform

EU-Datenschützer Giovanni Buttarelli ist besorgt, dass die geplante Urheberrechtsreform die bereits "exzessive Überwachung" im Internet noch verschärfen könnte.

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EU-Copyright-Reform, Zensur, Upload-Filter

(Bild: dpa, Armin Weigel)

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Im Streit über den Kurs des EU-Parlaments zur Copyright-Novelle hat sich jetzt auch der europäische Datenschutzbeauftragte Giovanni Buttarelli eingeschaltet. Der Italiener warnt in einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme, dass die EU wachsam sein müsse: Die Umsetzung insbesondere der Klausel zu Upload-Filtern dürfe "nicht die bereits exzessive Überwachung der Menschen im Internet" verschärfen. Entgegen anderslautender Behauptungen werde Artikel 13 der umstrittenen Richtlinie wahrscheinlich die Verarbeitung personenbezogener Informationen erfordern und die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) daher greifen.

Dem Anschein nach begründe der Textentwurf zwar keine neue "allgemeine" Überwachungspflicht für den gesamten Internetverkehr, was mit den Grundrechten und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) auch nicht vereinbar wäre, erläutert Buttarelli in seiner Stellungnahme. Die Vorgabe, gegebenenfalls "angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen" im Kampf gegen illegale Werke einzusetzen, ziele nämlich zunächst auf Nutzer, die geschützte Inhalte auf Online-Portale hochladen und diese öffentlich verfügbar machen wollen.

Ansichten zur EU-Copyright-Reform

Die EU-Copyright-Reform wird mit Upload-Filtern und einem EU-weiten Leistungschutzrecht verbunden. Das sorgt für sehr geharnischte Kommentare.

Der Datenschützer sieht damit aber eine "paradoxe, geradezu überspannte und weltfremde Auflage" verbunden, mit der Plattformbetreiber "verantwortlich werden für urheberrechtsverletzenden Content" und mit Rechteinhabern kooperieren müssen. Andererseits gebe es keine klare Ansage an letztere, mit den Portalen zusammenzuarbeiten oder diesen Lizenzen zur Verfügung zu stellen. Dies sei kein gutes Zeichen für den Wettbewerb in einem bereits Konzentrationserscheinungen zeigenden Markt.

Auch der Chaos Computer Club (CCC) hat Bedenken wegen der Vorlage aus dem Rechtsausschuss des EU-Parlaments, über den das Plenum am Donnerstag abstimmen soll. Die damit verbundenen Upload-Filter erforderten "in der Praxis eine immens große, ständig aktualisierte Datenbank sämtlicher Text-, Audio- und Video-Ausschnitte, für die Verwertungsrechte geltend gemacht werden". Dazu komme ein enormer Aufwand für "smarte" Algorithmen, die auch Abwandlungen und Modifikationen des Originals erkennen sollten.

Für den Großteil kleinerer Anbieter sei dieser Aufwand schlicht nicht zu leisten, befürchtet der CCC. Dies erkenne auch der Parlamentsberichterstatter Axel Voss (CDU) und empfehle daher, die Dienste größerer Plattformen in Anspruch zu nehmen.

EU-Copyright-Reform: Upload-Filter und Leistungsschutzrecht

Für die "datenhungrigen Dauerwerbe-Plattformen wären die Filter also ein Geschenk des Himmels": Ihnen würden die wenigen verbliebenen Konkurrenten aus Angst vor Rechtsunsicherheit schon in den Upload-Formularen sämtliche hochzuladenden Inhalte zur Kontrolle weiterleiten. Ohne Google und Facebook laufe so kaum noch etwas. Nicht zu vergessen sei, dass deren Zensur-Infrastrukturen bereits "regelmäßig durch Fehlentscheidungen zu hausgemachten Skandalen führen".

Der Internetunternehmer Stephan Wolligandt übereichte Voss derweil im Namen von rund 736.000 Mitunterzeichnern die von ihm initiierte Petition, mit der "die Zensurmaschine" gestoppt werden soll. Die Bestimmungen für Upload-Filter und ein fünfjähriges Leistungsschutzrecht für Presseverleger im Internet müssen demnach dringend überarbeitet werden. Voss selbst und andere EU-Rechtspolitiker hatten die in dem Gesuch aufgestellten Behauptungen als Teil einer "Fake-News-Kampagne" zurückgewiesen.

Die Befürworter der Empfehlung des Rechtsausschusses bleiben ebenfalls nicht untätig auf den letzten Metern vor der Plenarabstimmung. "Dass die Kritiker dem berechtigten Anliegen sämtlicher Kultur- und Kreativschaffender mit dem Untergang des Internets drohen, ist an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten", empörte sich der Vorstandsvorsitzende der Verwertungsgesellschaft GEMA, Harald Heker. Die Abgeordneten dürften sich nun nicht "von Piraten kapern" lassen. (axk)