Boden-Bilder aus der Luft

Forschern ist es gelungen, auf der Grundlage von Satelliten-Aufnahmen neue Bilder zu generieren, die aussehen, als wären sie am Boden fotografiert. Vor allem für Geografen könnte das eine große Hilfe sein.

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Boden-Bilder aus der Luft

(Bild: University of California)

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  • TR Online

Leonardo da Vinci war unter anderem berühmt für Gemälde und Zeichnungen, die Gebiete Italiens aus der Vogelperspektive zeigten – und zwar so detailliert, wie es vor der Erfindung von Fotografie und Fluggeräten kaum möglich scheint. Tatsächlich fragten sich viele Kritiker, wie da Vinci sich diese Details vorstellen konnte. Jetzt aber arbeiten Forscher an genau dem umgekehrten Weg: Kann man an einem Satelliten-Bild der Erdoberfläche erkennen, wie ein Gebiet vom Boden aus aussieht? Wie detailreich kann ein so erzeugtes Bild sein?

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Mit diesen Fragen haben sich in einer aktuellen Studie Xueqing Deng und Kollegen an der University of California in Merced beschäftigt. Die Forscher trainierten einen Maschinenlern-Algorithmus darauf, Boden-Aufnahmen zu erzeugen, indem er lediglich Satelliten-Bilder aus dem All auswertete.

Die Technik dafür basiert auf einer Form des Maschinenlernens, die als Generative Adversarial Networks (GANs) bezeichnet wird. Dafür werden zwei neuronale Netze eingesetzt, der Generator und der Diskriminator. Der Generator erzeugt Bilder, die der Diskriminator anhand erlernter Kriterien bewertet. Mit den Ergebnissen des Diskriminators lernt der Generator dann allmählich, möglichst überzeugende Bilder zu generieren.

Im aktuellen Fall trainierten Deng und Kollegen den Diskriminator mit echten Bildern vom Boden und Satelliten-Aufnahmen desselben Standorts. Dadurch lernte er, vor Ort aufgenommene Bilder mit Luftbildern zu assoziieren.

Natürlich ist hier die Qualität der Daten wichtig. Als Grundlage nutzte das Team hier die Boden-Karte LCM2015, die mit einer Auflösung von einem Kilometer die Landklassen für ganz Großbritannien enthält. Allerdings begrenzten die Forscher die Daten auf ein Gitter von 71 x 71 Kilometern, in dem London und seine ländliche Umgebung liegen. Für jeden Standort in diesem Gitter luden sie außerdem eine am Boden fotografierte Landschaftsaufnahme aus der Online-Datenbank Geograph herunter.

Anschließend wurde der Diskriminator mit 16.000 Paaren an Luft- und Boden-Bildern trainiert. Der nächste Schritt bestand dann darin, mit der Generierung von Boden-Bildern zu beginnen. In den Generator wurden 4000 Satelliten-Bilder von bestimmten Standorten eingespeist; auf dieser Grundlage sollte er Boden-Bilder jedes dieser Standorte erzeugen, wofür er Feedback vom Diskriminator bekam. Dann testete das Team das System mit 4000 Luft-Bildern und verglich die Ausgabe mit den echten Bildern aus der Datenbank.

Das Netzwerk produziert Bilder, die zur jeweiligen Luft-Aufnahme passen, wenn auch in relativ schlechter Qualität. Die generierten Bilder enthalten grundlegende Eigenschaften der Standorte, beispielsweise ob es sich um eine Straße oder um eine ländliche oder städtische Gegend handelt. „Die generierten Boden-Bilder sahen natürlich aus, wobei es ihnen wie erwartet an den Details der echten Aufnahmen fehlte“, schreiben Deng und Kollegen.

Ein Mehrwert kann sich beispielsweise für Geografen ergeben, die Land nach seiner Nutzungsart klassifizieren, etwa als ländlich oder urban. Aufnahmen vom Boden sind dafür bislang unverzichtbar. Doch die entsprechenden Datenbanken sind unvollständig, insbesondere bei ländlichen Regionen, sodass Geografen aus den vorhandenen Bildern interpolieren müssen – dieser Prozess ist kaum besser als schätzen.

Die Generative Adversarial Networks von Deng und Kollegen bieten jetzt eine vollkommen neue Möglichkeit, die Landnutzung zu ermitteln. Wenn Geografen die Boden-Ansicht eines beliebigen Standorts benötigen, lässt sie sich jetzt mit Hilfe des neuronalen Netzwerks auf der Grundlage eines Satelliten-Bildes erstellen.

Deng und Kollegen haben die alte und die neue Methode – Interpolation und Generierung – sogar direkt miteinander verglichen. Mit der neuen Technik ließ sich die Landnutzung in 73 Prozent der Fälle korrekt bestimmen, während Interpolation nur zu 65 Prozent korrekte Ergebnisse brachte.

Die Froscher haben sich noch mehr vorgenommen: Der Prozess der Bild-Generierung soll so gut werden, dass er in Zukunft sogar mehr Details bietet als am Boden aufgenommene echte Bilder. Leonardo da Vinci wäre bestimmt beeindruckt.

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