Opferanwälte ziehen Klage gegen IBM zurück
Die Anwälte ehemaliger Zwangsarbeiter haben eine Sammelklage gegen den Computerriesen IBM wegen Beteiligung am Holocaust zurückgezogen.
Die Anwälte ehemaliger Zwangsarbeiter haben eine Sammelklage gegen den Computerriesen IBM wegen Beteiligung am Holocaust zurückgezogen. Die Klage der ehemaligen Zwangsarbeiter richtet sich gegen die Verflechtungen des IT-Konzerns mit seiner Tochterfirma, der Deutschen Hollerith. Der IT-Konzern soll, so der Vorwurf, auch nach dem Kriegseintritt der USA die Aktivitäten der deutschen Tochter gesteuert haben. Durch den Vertrieb von Hollerith-Lochkartenmaschinen an die Nationalsozialisten habe es IBM ermöglicht, dass die Vernichtung des jüdischen Volkes mit großer Präzision geplant werden konnte.
Die Anwaltskanzlei Cohen Milstein Hausfeld & Toll bestätigte mittlerweile Mitteilungen des US-Außenministeriums über den Rückzug der Klage. Sie war zum internationalen Politikum geworden, weil die bereits mehrfach verschobenen Entschädigungen an ehemalige NS-Zwangsarbeiter unter anderem unter Verweis auf diese Klage ins Stocken geraten war. Die Stiftungsinitiative der deutschen Wirtschaft will jedoch zunächst alle wichtigen Klagen vom Tisch haben. Nach dem Stiftungsgesetz muss der Bundestag eine "ausreichende Rechtssicherheit" für deutsche Unternehmen feststellen, bevor Zahlungen aus dem 10-Milliarden-Mark-Fonds fließen können.
US-Opferanwalt Michael Hausfeld bestätigte gegenüber der Financial Times Deutschland (FTD), einer der Gründe für die Entscheidung sei gewesen, dass man "das Verfahren von deutscher Seite als Vorwand nutzen wollte, um die Entschädigungszahlungen an die Opfer zu verzögern". Außerdem habe man in außergerichtlichen Verhandlungen "gute Fortschritte erzielt", die dem "eigentlichen Ziel der Klage förderlich" seien. Medienbeobachter spekulieren, dies bedeute, dass IBM sich bereit erklärt habe, die Archive aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges offen zu legen. Dies war ein Hauptziel der Klage gewesen.
US-Außenamtssprecher Boucher betonte, dass Washington die Öffnung aller öffentlichen und privaten Archive der Holocaust-Ära unterstütze. Dazu gehörten auch Firmenarchive. IBM habe schon in den Jahren 1999 und 2000 mehr als 10.000 Seiten historischen Materials der Hohenheim-Universität in Stuttgart zur Verfügung gestellt. Sie seien der Öffentlichkeit zugänglich oder würden ihr zugänglich gemacht. (wst)