HAL is back: Mit dem Computer sprechen

Eine israelische Softwarefirma hat ein Konversations-Programm entwickelt, das seinem GegenĂĽber den Eindruck verleihen kann, es verstehe ihn.

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Von
  • Andreas Grote

Eine israelische Softwarefirma hat ein Konversations-Programm entwickelt, das die Kommunikation mit einem Computer in Zukunft vereinfachen und seinem Gegenüber den Eindruck verleihen könnte, es verstehe ihn. Das Programm "Hal", das nicht nur zufällig an den gleichnamigen Computer in Stanley Kurbricks Film 2001: Odyssee im Weltraum nach dem Roman von Arthur C. Clarke erinnert, erlernt dabei die Sprache während einer Trainingsphase ähnlich wie ein Kind, indem es zuhört und zurückfragt.

Im momentanen Entwicklungsstadium, so erklärte die in Tel Aviv ansässige Entwicklerfirma Artificial Intelligence Enterprises (Ai) gegenüber dem Wissenschaftsmagazin New Scientist, kann sich Hal in einem Gespräch in Vokabular und Grammatik so überzeugend ausdrücken wie ein fünfzehn Monate altes Kind. Unabhängige Testpersonen, denen ein Ausdruck einer solchen Konversation zwischen Hal und einem Menschen vorgelegt wurde, hatten den Eindruck, sie würden die Dokumentation eines realen Gespräches zwischen einem Erwachsenen und einem Kleinkind lesen.

Als weiteren Schritt will die israelische Firma Hal nun die Sprachfähigkeiten eines fünfjährigen Kindes beibringen, was bereits eine verständliche Kommunikation mit dem Computer ermöglichen würde. Am Ende der Entwicklung, so der Wunschtraum der Ai-Wissenschaftler, soll dann die rein verbale Kommunikation ohne Tastatur Wirklichkeit werden.

Vor allem Forscher, die sich mit künstlicher Intelligenz beschäftigen, arbeiten schon seit 50 Jahren an Programmen, die eine flüssige Kommunikation zwischen Mensch und Maschine ermöglichen sollen. Dafür wurden bisher vergleichsweise einfache Techniken verwendet: Ein Programm nimmt sich einen Schlüsselbegriff aus der Frage und versucht, mit Hilfe statistischer Techniken eine riesige Liste zuvor eingespeicherter Wörter mit vorprogrammierten grammatikalischen Regeln zu verknüpfen, und formuliert daraus eine Antwort (Eliza-Projekt). Für Standardfragen liegen meist schon entsprechende Antworten in einer Liste bereit. Besonders aber bei kurzen Sätzen mit kompaktem Inhalt haben diese Techniken große Probleme, da hier für die Erzeugung einer passenden Antwort nicht ausreichend Input vorhanden ist.

Die israelischen Forscher dagegen lehren ihrem Programm die sprachlichen Fähigkeiten. Hierfür "liest" (per Eingabe über die Tastatur) ein Trainer dem Programm Geschichten vor und antwortet auf Fragen von Hal – ähnlich, wie es Eltern mit ihren Kindern tun. Die Software verfügt jedoch über keinerlei sensorischen Input, sondern nur über die per Tastatur eingegebenen Worte.

Die Lernalgorithmen bringen dem Programm dabei nach und nach bei, auf welche Fragen welche Antworten zutreffen und wie es auf den Konversationsstil seines Trainers reagieren soll. Dadurch funktioniert die Software auch mit Sätzen und Fragen, die nicht der strengen Grammatik, sondern der alltäglichen gesprochenen Sprache entsprechen. Es könnte möglicherweise auch einen Sinn für Humor entwickeln, schätzen die Entwickler. Im Gegensatz zu menschlichen Kindern, die richtige Sprache in Jahren erlernen, kann Hal in einigen Tagen trainiert werden, da das Training sehr intensiv ist und weil die Algorithmen keine verwirrenden und ablenkenden Inputs bekommen. Nach der Trainingsphase testet der "Ausbilder", wie gut Hal mit neuen Algorithmen arbeitet und sagt den Mathematiker, was als nächstes ergänzt werden sollte. Die neuen Algorithmen werden anschließend in das Programm implementiert und der Lernprozeß fortgesetzt.

Zur Zeit beherrscht das Programm nur Antworten, die aus einfachen Sätzen und ein paar Worten bestehen. So antwortet Hal beispielsweise auf die Frage, welches Spiel er im Park spielen möchte, unter anderem mit "Ball, Mama". Dabei kann das Programm, das im Moment hauptsächlich in Englisch getestet wird, auch jede andere Sprache erlernen. Es ist – zumindest bei derzeitigem Sprachniveau – so kompakt, dass es auch auf einem normal ausgestatteten Desktop läuft.

Für [www.amristar.com.au/~hutch Jason Hutchens], Chef-Wissenschaftler bei Ai, ist Hal jedoch nicht wirklich intelligent, sondern lediglich eine bessere Konversations-Simulation als andere Programme. Für den Forscher besitzt Hal trotzdem ein Potenzial, dass er mit der Entwicklung der Elektrizität vergleicht: "Funktioniert es erst einmal, dann gibt es Millionen, die es nutzen werden." Hutchens arbeitet bereits seit mehreren Jahren an Programmen zur Mensch-Maschine-Konversation. 1996 gewann eine seiner Softwarelösungen den Loebner-Preis, der die besten Programme in dieser Fachrichtung auszeichnet.

Der Preis basiert auf dem Test, der auf den britischen Mathematiker Alan Turing zurückgeht. Turing stellte die Hypothese auf, dass eine Maschine dann als intelligent bezeichnet werden könnte, wenn eine Person nicht mehr in der Lage ist zu unterscheiden, ob sie sich mit einem anderen Menschen oder einer Maschine unterhält. Hutchens orientierte sich bei seinem Programm dabei an einer weiteren Aussage Turings: "Er sagte, dass der beste Weg für einen erfolgreichen Test jener sei, quasi eine Baby-Maschine zu entwickeln und diese zu trainieren". Bis Hal wirklich so spricht und denkt, wie sein gleichnamiger Science-Fiction-Kollege, dürfte allerdings noch einige Zeit ins Land streichen.

Siehe dazu auch den Artikel "Sprich mit HAL!" in Telepolis . (Andreas Grote) / (dal)