Mehrmarken-Recycling

Chrysler Sunbeam: Der aus der Patchworkfamilie

Sein Vorgänger, der Hillman Imp, wurde Dritter bei der Wahl zum Auto des Jahres. Der Chrysler Sunbeam selbst holte im letzten Produktionsjahr als Talbot Sunbeam Lotus die Rallye-WM. Dazwischen: Niedergang

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Chrysler Sunbeam 12 Bilder
Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Bernd Kirchhahn
Inhaltsverzeichnis

Es braucht einen Enthusiasten um die Marken Hillman, Sunbeam und Humber zu kennen. Oder Commer, Singer und Karrier. Und einen Briten vom Zuschnitt eines Rowan Atkinson, um jetzt noch deren erfolgreichsten Modelle zu benennen. Wobei es die Bezeichnung „die drei am wenigsten erfolglosen“ exakter treffen würde. Gemeinsam ist den Marken eine bemitleidenswerte Niederlagenserie was die Entwicklung von Fahrzeugen angeht und die Grausamkeit der britischen Automobilindustrie der damaligen Zeit, solche Marken nicht einfach würdevoll eingehen zu lassen. Diese Ansammlung der Erfolglosigkeit war unter dem Dach der Rootes-Gruppe zusammengeschlossen.

Ein Auto und ein Markenpotpourri

1963 witterte die Gruppe so etwas wie Morgenluft. Denn deren Hillman Imp – ein Auto, inspiriert von Mini, aber mit Heckmotor - wurde bei der Wahl zum Auto des Jahres Dritter. Vor allem im Nachhinein betrachtet war das eine Ehre. Denn diesen (zugegeben nutzlosen) Bronzerang holten auch der Ford Mustang (1964), der Citroën SM (1970) und der VW Golf (1982). Man kann sich nur vorstellen, wie beim jährlichen Treffen der Bronzerang-Gewinner (nein, so etwas gibt es nicht wirklich) der arme Hillman Imp allein am Kindertisch sitzen muss.

Euphorisiert tat die Rootes-Gruppe, was sie immer tat: Badge Engineering. So gab es den Hillman Imp auch als Sunbeam Stiletto und Singer Chamois. 13 (!) Jahre produzierten die Marken das Fahrzeug nahezu unverändert – allerdings nur 440.000 Mal. Ein Flop, der sehr konsequent umgesetzt wurde, denn 1967 übernahm Chrysler die betriebswirtschaftliche Irrenanstalt, wodurch der Rootes-Konzern der britische Ableger von Chrysler Europe wurde (zusammen mit Simca in Frankreich und Barreiros in Spanien). Theoretisch hätten die zu diesem Zeitpunkt das Trauerspiel beenden sollen. Konnten sie aber nicht.

Auftritt der britischen Regierung. 1975. Nachdem erst Rootes und dann Chrysler im Schatten der Katastrophe von British Leyland vor sich hin vegetiert hatten, griffen die Staatsmänner ein und spendeten Chrysler reichlich Geld. Bei der Höhe der Summe und den Bedingungen gehen die Quellen auseinander. Die einen wissen, dass Chrysler 55 Millionen Pfund geschenkt bekam, andere, dass sie 162 Millionen Pfund als (sehr, sehr günstigen) Kredit bekamen. Wahrscheinlich ist, dass beides stimmt. Die Regierung hatte vorher schon British Leyland mit reichlich Geld versorgt und bekam keinerlei Früchte zu ernten. Vielleicht war die Idee dahinter, dass es irgendwann schon warm werden würde, wenn man nur genug Geld verbrennt.

Zeit ist Geld der Regierung

Immerhin bekam Chrysler mit den Millionen auch ein Ultimatum. Innerhalb von 18 Monaten müsse ein neuer Kleinwagen fertig entwickelt sein. Das war, bei allem Verständnis für eine Deadline, ein Fehler. Denn 18 Monaten sind nicht viel Zeit für jemanden, der ein neues Auto entwickeln soll.