Emulatoren: Nintendo verklagt ROM-Anbieter LoveRETRO und LoveROMs

Nintendo will von den ROM-Anbietern LoveRETRO und LoveROMs Schadensersatz wegen Copyright-Verletzung. Dabei geht es um mehr als den Einzelfall.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 189 Kommentare lesen
Emulatoren: Nintendo verklagt ROM-Anbieter LoveRETRO und LoveROMs

(Bild: Nintendo)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Es geht um unlauteren Wettbewerb sowie die Verletzung von Copyright- und Markenrechten: Nintendo hat den Betreiber von LoveRETRO und LoveROMs verklagt. Die beiden Webseiten gehören laut Klageschrift dem Unternehmen Mathias Designs und bieten Spiele-ROMs zum Download an. Mit den ROMs lassen sich alte Spiele wie Super Mario Bros. per Emulator auch auf dem Rechner spielen. Viele der beliebtesten ROMs erschienen ursprünglich für Nintendo-Konsolen.

Nintendo sieht darin die eigenen Reche verletzt und klagt vor einem Bundesgericht in Arizona, wo Mathias Designs ansässig sein soll. Die Webseite TorrentFreak hat die Klageschrift veröffentlicht.

"Alleine die Webseite LoveROMs hat im Monat 17 Millionen Besucher. Solche Besucher werden angezogen von der einfachen Verfügbarkeit kostenloser, unautorisierter Kopien von Nintendos Videospielen und anderem geistigen Eigentum", schreiben Nintendos Anwälte darin. "Die daraus resultierende Beliebtheit der Webseiten LoveROMs und LoveRETRO hat den Angeklagten erhebliche unrechtmäßig erworbene Einkünfte beschert, unter anderem durch Spenden und den Verkauf von Werbeplätzen auf den Webseiten."

Nintendo will sich für die vorgeworfenen Rechtsverstöße fürstlich entschädigen lassen: Für jede Copyright-Verletzung fordert das Unternehmen bis zu 150.000 US-Dollar, für jede Markenrechtsverletzung bis zu 2 Millionen US-Dollar. Außerdem will Nintendo den Betreiber der Plattformen davon abhalten, weiterhin Nintendo-Spiele als ROMs anzubieten. Er soll darüber hinaus die Quellen, aus denen er die ROMs bezogen hat, offenlegen. Nintendo betont in der Klageschrift, dass es sich bei den Betreibern nicht etwa um Retro-Liebhaber handele, sondern um gut informierte und raffinierte Geschäftsmänner.

LoveRETRO ist als Reaktion auf die Klage vom Netz gegangen. Wer die Webseite aufruft, findet dort nur noch den Hinweis, dass die Seite "bis auf Weiteres" nicht mehr erreichbar ist. "Wir hoffen, dass wir das wieder hinbekommen", heißt es weiter. LoveROMs ist zwar weiterhin erreichbar, allerdings wurden dort alle Nintendo-Inhalte entfernt.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Mit Ihrer Zustimmmung wird hier ein externer Inhalt geladen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Es ist mittlerweile keine Überraschung mehr, dass Nintendo derart harte Geschütze gegen Hersteller und Anbieter von Emulatoren und ROMs auffährt. Das Unternehmen gilt als äußerst aggressiv, was den Schutz seines geistigen Eigentums angeht. Auf der eigenen Webseite schreibt Nintendo dazu: Das Aufkommen von Emulatoren, die zum Spielen von illegal kopierter Nintendo-Software entwickelt wurden, stellt die bis heute größte Bedrohung für das geistige Eigentum von Videospiel-Entwicklern dar. Wie in jeder anderen Industrie geraten die Einnahmen in Gefahr, wenn Produkte kostenlos angeboten werden." Zu Verhandlungen sei man nicht bereit: "Es würde keinen wirtschaftlichen Sinn machen, Emulatoren zu legalisieren. Das steht einfach nicht zur Debatte."

Wie ernst Nintendo das meint, zeigt ein zweiter aktueller Fall, der ebenfalls von TorrentFreak berichtet wird. Demnach hat Nintendo GitHub per DMCA-Benachrichtigung dazu aufgefordert, ein Repository mit Spielen des Gameboy Advance zu entfernen. GitHub ist dieser Aufforderung bereits gefolgt.

Die rechtliche Lage zu Emulatoren und ROMs ist komplex. Emulatoren selbst gelten allgemein als legal – sie sind nur eine Software, mit der man Spiele emulieren kann. Solange kein geschützter Code genutzt wird, ist das juristisch grundsätzlich unproblematisch. Bei den ROMs, also den Dateien, mit denen der Emulator gefüttert wird, ist die Lage komplexer. Die Spiele, die mit diesen Dateien emuliert werden, sind nämlich urheberrechtlich geschützt.

Dieser Schutz erlöscht nicht damit, dass ein Spiel auf offiziellem Weg gar nicht mehr verkauft wird, wie es bei Retro-Spielen oft der Fall ist. Das Copyright bleibt unbeeinträchtigt davon in den USA 75 Jahre nach Erstveröffentlichung beim Rechteinhaber. Doch es gibt auch Ausnahmen vom Copyright: In den USA gilt die Fair-Use-Doktrin. Sie sieht vor, dass geschütztes Material unter bestimmten Umständen auch ohne Erlaubnis des Rechteinhabers genutzt werden kann, wenn es etwa in der Bildung, in der Berichterstattung oder zur Kommentierung und Kritik genutzt wird. Die Fair-Use-Richtlinien sind dehnbar und könnten möglicherweise auch für die Archivierung von Videospielen hingebogen werden.

Letztlich stellt sich noch die Frage der Perspektive: Der Download von ROMs könnte unter Umständen als legal angesehen werden – etwa dann, wenn man das Original-Spiel schon besitzt. Das Bereitstellen der Downloads steht dann aber trotzdem auf einem anderen Blatt Papier. Und dann stehen ja auch noch die Vorwürfe der Verletzung von Patentrechten und unlauteren Wettbewerbs in der Klageschrift – das macht Prognosen über den Ausgang der Verhandlung noch schwieriger. Rechtsprechungen, die als geeignete Präzedenz hergezogen werden können, gibt es nicht. Der Fall Nintendo gegen LoveRETRO und LoveROMs könnte also auch mögliche zukünftige Fälle maßgeblich beeinflussen. (dahe)