Glücksspiel per Blockchain

Die Plattform Augur erlaubt es Nutzern, auf die unmöglichsten Dinge zu wetten. Zum Beispiel auf den Tod von Prominenten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Glücksspiel per Blockchain

(Bild: "Ethereum Classic Wallpaper" / Etherum Classic / PD)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Mike Orcutt
Inhaltsverzeichnis

Ein neuer Blockchain-basierter Vorhersagemarktplatz bekommt gerade jede Menge Presse. Auf Augur ist es Nutzern möglich, mit Kryptowährungen auf den Tod von Prominenten zu wetten. Das führt zu Ängsten, dass jemand auf die Idee kommen könnte, eine solche Person zu ermorden.

Mehr Infos

Doch eigentlich hat Augur aus ganz anderen Gründen ein Problem. Die Idee solcher Todeswetten, auf Englisch "Death Pool" genannt, ist schon seit Jahren bekannt. Blockchains mit ihren dezentralen Netzwerken und ihre potenziell anonymen Transaktionen gelten als ideale Plattform.

Augur setzt auf Open-Source-Software und verwendet Blockchain-basierte Anwendungen, die sogenannten smarten Verträge (Smart Contracts), über die Nutzer ihre eigenen Vorhersagemärkte starten können. Wetten mit Kryptowährungen werden automatisch kombiniert und die Gewinne dann verteilt, ohne dass die Nutzer sich identifizieren müssen. Aber ist das schon perfekt geeignet für alle, die vom Tod einer anderen Person profitieren wollen?

Mittlerweile gibt es auf der Ethereum-basierten Plattform, die am 10. Juli gestartet ist, Märkte, auf denen auf das Ende von US-Präsident Donald Trump, Investor Warren Buffett, Amazon-Chef Jeff Bezos oder Schauspielerin Betty White gewettet wird. Viele Transaktionen gibt es hier aber noch nicht und die Summen, die gewettet werden, sind klein. Dass es also deswegen zu kriminellen Taten kommen könnte, ist unwahrscheinlich.

Illegale Aktivitäten sind durch Augur aber dennoch möglich – und sie könnten sich als schwer verfolgbar erweisen. Vorhersagemärkte sind in den USA grundsätzlich nicht erlaubt. Bundes- und Staatengesetze verbieten Online-Spiele und "auf vielfältige Arten ist unklar, wie sehr sich Vorhersagemärkte von Glücksspielen unterscheiden", so Aaron Wright, Professor an der Cardozo School of Law in New York. Hinzu kommt, dass einige Augur-Verträge es Nutzern erlauben, auf den späteren Wert von Dingen zu wetten, etwa dem kommenden Wert der Kryptowährung Ether.

Das hört sich sehr nach dem Handel mit binären Optionen an, der ohne Genehmigung der zuständigen Börsenaufsicht Commodity Futures Trading Commission (CFTC) verboten ist. 2012 verklagte die CFTC deshalb Intrade, einen Vorhersagemarkt aus Irland, weil dieser US-Nutzern erlaubt haben soll mit binären Optionen zu handeln. Schließlich wurde Intrade gerichtlich verboten, solche Verträge in den USA zu offerieren.

Und tatsächlich hat Augur bereits die Aufmerksamkeit der CFTC geweckt. Doch wenn die Behörde darauf entscheidet, dass Augur illegal ist, wie soll die Entscheidung durchgesetzt werden? Die Erfinder von Augur sagen, sie hätten keine Kontrolle darüber, wofür die Nutzer ihr Protokoll verwenden – und stoppen können sie es ebenfalls nicht. Das schafft ein Problem, das laut Wright, der kürzlich an einem Buch zum Thema mitschrieb, bei der Blockchain-Technik "endemisch" ist. "Wenn es keinen Intermediär mehr gibt, also eine Firma oder eine Personengruppe, die den Marktplatz verantwortet, wie soll man dann Gesetze anwenden oder Aktivitäten unterbinden?"

Als Napster, Limewire und andere Peer-to-Peer-Filesharing-Netze damit begannen, Musik, Filme und andere Dateien vor zwei Jahrzehnten frei im Internet zu verteilen, ergaben sich ähnliche Probleme für die Strafverfolger. Doch in jedem dieser Fälle gab es eine Entität, die sich wegen Verletzung von Urheberrechten verklagen ließ. Software wie Augur, die quelloffen ist, sich kostenlos herunterladen lässt und auf einer Blockchain läuft, sorgt für ganz neue Herausforderungen.

Das bedeutet nicht, dass sich Gesetze nicht mehr zur Anwendung bringen ließen, sie müssen nur auf andere Weise angewendet werden. Dazu gehört, dass bei Erkennung von illegalen Aktivitäten auf Augur jene Personen verfolgt werden könnten, die hinter der Software stehen – ähnlich wie man das von den Urhebern von Malware kennt, argumentiert Wright. Das würde wiederum zu Streitigkeiten über das Recht der freien Meinungsäußerung führen.

Alternativ könnten Strafverfolger auch diejenigen Nutzer angehen, die das Protokoll am Laufen halten. Diese sogenannten Reporter nutzen Augurs handelbare Kryptotoken, die sogenannten REPs, um Ergebnisse mitzuteilen und bekommen dann mehr Token, wenn ihre Berichte dem größeren Konsens entsprechen. Es gibt auch noch andere Ansatzpunkte, sagt Wright. "Nur weil es kein Zentrum gibt, heißt es nicht, dass sich illegale Aktivitäten nicht indirekt verfolgen lassen."

()