Selektiv variabel

Zylinderselektiv variable Ventilsteuerung von Mahle

In Nfz-Motoren erhöht eine leistungsfähige Abgasentgiftung den Verbrauch, andererseits muss gerade jener neuerdings auch noch kräftig gesenkt werden. Vom Zulieferer Mahle kommt nun ein Vorschlag zu einer Schlüsseltechnologie für diesen Bereich

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Mahle variable Steuerzeiten Nfz-Diesel 3 Bilder
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Von
  • Florian Pillau
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Die Konstrukteure von Nutzfahrzeug-Motoren geraten in einen ähnlichen Zielkonflikt wie die von Pkw-Motoren: Einerseits erhöht eine leistungsfähige Abgasentgiftung den Verbrauch, andererseits muss gerade jener nun auch noch kräftig gesenkt werden. Vom Zulieferer Mahle kommt nun ein Vorschlag zu einer Schlüsseltechnologie für diesen Bereich.

Für schwere Nutzfahrzeugmotoren gilt derzeit die Abgasnorm Euro VI für den europäischen Markt beziehungsweise die EPA-MY2017-Gesetzgebung für die USA. Um die Werte, gemessen im Labor und im Realverkehr, zu erreichen, sind bereits heute unter anderem ein Partikelfilter und eine Entstickung der Abgase mittels SCR-Katalysator nötig. Eine weitere Verschärfung der Grenzwerte ist zu erwarten. In den USA wird über die Einführung von sogenannten Ultra-low-NOx-Emissionsstandards diskutiert, mit dem Ziel des California Air Resource Board (CARB) von 20 mg/bhp-hr (Gramm pro "Brake Horse" mal Stunde, "Brake Horse" entspricht PS; g/bhp-hr = g/kWh : 1,341) als strengstem Grenzwert.

Dazu kommt der geplante Flottenverbrauch für Nutzfahrzeuge über 3,5 Tonnen in der EU. Seit 2009 unterliegen in der EU leichte Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen einer CO2-Regulierung. Die durchschnittlichen CO2-Emissionen von schweren Nutzfahrzeugen sollen durch Flottengrenzwerte 2030 mindestens 30 Prozent unter dem Niveau von 2019 liegen, teilte die EU-Kommission im Mai mit.

Variable Steuerzeiten nun auch im Dieselmotor

Um ein möglichst sauberes Rohabgas mit einem geringen Verbrauch übereinzubringen, werden in Nfz- und Pkw-Motoren ähnliche Technologien eingesetzt. Die Entsprechungen sind hoch, doch gibt es auch Unterschiede, denn Lkw haben ein anderes Anwendungsprofil und Nutzfahrzeugkäufer sind deutlich sensibler in Bezug auf Anschaffungs- und Haltungskosten sowie die Zuverlässigkeit ihrer Maschinen als Pkw-Käufer.

Als ein Königsweg zu mehr Leistung bei verringertem Verbrauch galten variable Steuerzeiten – doch lange Zeit nur beim Ottomotor. Hier konnte man damit ein großes Potential durch die Entdrosselung heben. Die ersten Motoren mit dieser Technik kamen Ende der 80er, Anfang der 90er (Honda VTEC, Toyota VVTi), größere Verbreitung fand sie erst vor wenigen Jahren. Dabei gab es sie schon in den ersten serienmäßig gebauten Ottomotoren: Ihre Lastregelung wurde nicht etwa per Drosselklappe bewerkstelligt, sondern mithilfe einer variablen Ventilsteuerung durch ein auf der Nockenwelle verschiebbares Nockenstück. Man kannte die Variation von Hub und Steuerzeiten zur Lastregelung damals bereits von der Dampfmaschine, in der man so wahlweise das Drehmoment (unter Vollast etwa beim Anfahren) oder unter Teillast (bei konstanter Geschwindigkeit) die Effizienz durch die Expansion des Dampfs in den Zylindern nutzen konnte.

Beim Dieselmotor blieb die Variationsmöglichkeit allerdings lange unbeachtet, denn die Selbstzünder laufen ja mit maximalem Luftüberschuss und benötigten daher noch nie eine Drosselung. Erstmals in Serie kamen variable Steuerzeiten beim Diesel-Pkw daher erst 2010, im Mitsubishi ASX Diesel, später auch im leichten Nutzfahrzeug L200. In solchen Motoren ist der wichtigste Treiber für solche in der Produktion teure Lösungen die Rohabgasgüte. Die Variabilität bietet die Möglichkeit, Motor und Katalysatoren schneller auf Betriebstemperatur zu bringen, sie nicht so schnell auskühlen zu lassen und die Regeneration des Partikelfilters durch eine Heraufsetzung der Abgastemperatur zu begünstigen.