Google möchte gern zurück nach China

Google scheiterte 2010 mit seiner Suchmaschine an der chinesischen Überwachung. Jetzt arbeitet der Konzern angeblich an einer zensurtauglichen Version. Die Mitarbeiter jedenfalls befürchten das.

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Von
  • Inge Wünnenberg

Der Google-Konzern steckt in der Zwickmühle. Erst im Frühjahr haben Mitarbeiter mit erheblichem Protest auf den Einsatz von Googles Künstlicher-Intelligenz-Technologie durch das US-Verteidigungsministerium reagiert. 4000 Beschäftigte unterschrieben am Ende den offenen Brief. Sie erreichten, dass die Geschäftsführung ankündigte, den 2019 auslaufenden Vertrag mit dem Pentagon nicht zu verlängern. Außerdem stellte CEO Sundar Pichai Ethikregeln für die Entwicklung von KI im Konzern auf. Die neuen Prinzipien fordern etwa, dass die Technologie der Gesellschaft zugute kommen und der Öffentlichkeit gegenüber rechenschaftspflichtig sein soll.

Damit haben die Google-Chefs die Latte für sich selbst recht hoch gehängt. Und die Mitarbeiter messen sie daran. Jedenfalls sind sie ebenso wachsam wie unerbittlich. Längst kreist schon der nächste Brief unter den Angestellten – und 1400 haben schon unterschrieben. Diesmal sind die Beschäftigten bestürzt über die Entscheidung des Konzerns, im Geheimen unter dem Titel "Dragonfly" an einer Zensurversion der Suchmaschine zu arbeiten, wie die New York Times berichtet. Für die Mitarbeiter wirft dieser Vorstoß bedeutende "moralische und ethische Fragen auf": "Wir benötigen dringend mehr Transparenz", heißt es unter anderem in dem Brief.

Der Vorstoß der Konzernführung hat aber eine ambivalente Vorgeschichte. Google war bereits in China präsent, als 2010 chinesische Hacker versuchten, Zugang zu den Gmail-Accounts von Menschenrechtsaktivisten zu bekommen. Der Technikkonzern zog daraufhin seine Suchmaschine vom chinesischen Markt zurück. Eine Maßnahme, die der Geschäftsführung heute leid tun mag. Denn China besitzt der Welt größte Internet-Gemeinde. Aber inzwischen sind natürlich chinesische Entwicklungen wie Baidu in die Bresche gesprungen.

Für Google ist der Preis für den Zugang zur chinesischen Bevölkerung aber immer noch unverändert groß. Es sei nur an das inoffizielle Google-Motto "Don't be Evil" erinnert. Wenn das Projekt "Dragonfly" Zensur und einen eingeschränkten Zugang zu den Inhalten für die Chinesen bedeutet, ist das eine Kröte, die Google-Mitarbeiter kaum bereit sind zu schlucken. Auch Beobachter dieser Szenerie sind der Meinung, dass Google die Zensur der Regierung legitimieren würde, wenn sie solch eine zensierte Suchmaschiene in China herausbrächte. Die Google-Angestellten jedenfalls wissen genau, was sie wollen: "Googlers need to know what we're building." Das ist ein bemerkenswerter – und in der heutigen Zeit – leider nicht selbstverständlicher Standpunkt.

(inwu)