Openbook: Zweiter Anlauf für die Facebook-Alternative

Kein Tracking, keine Werbung: Openbook will das bessere Facebook werden. Die erste Kickstarter-Kampagne scheiterte – die zweite läuft nun aber viel besser.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 88 Kommentare lesen
Openbook: Zweiter Anlauf für Facebook-Alternative

Openbook will eine werbefreie Alternative zu Facebook werden.

(Bild: Openbook)

Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Facebook ist so ziemlich alternativlos – ein Zustand, der bedenklich ist. Denn der Gigant, der Goliath, der Moloch ist auch ein Ort des Schreckens: Fake-News, Hass und Manipulationen machen Facebook zu schaffen und vergiften den Dialog. Gegen den Social-Media-Frust will nun Openbook etwas unternehmen: Die alternative Plattform stellt nicht das Geld in den Mittelpunkt, sondern: die Menschen. Der Code von Openbook soll frei zugänglich sein, alles ist Open Source.

Die Initialzündung für das ehrgeizige Projekt war der Schutz der Privatsphäre: "Openbook wird keine Toleranz für die Verfolgung und Überwachung von Personen haben", schreiben die Macher. Noch ist Openbook aber nur eine Idee, für deren Umsetzung das Team um Joel Levi Fernández Geld sammelt. Eine erste Kickstarter-Kampagne scheiterte: Kurz vor Schluss hat Openbook sie gestoppt, weil das Finanzierungsziel von 100.000 Euro nicht erreicht war. Längst nicht, es fehlte mehr als die Hälfte. Jetzt läuft bis zum 7. September ein zweiter Versuch mit bescheidenerem Ziel: 30.000 Euro sollen erreicht werden – was bereits nach einem Tag der Fall war. Außerdem hat das Openbook-Team diesmal seine eigenen Ersparnisse investiert, um die sechsmonatige Entwicklung zu finanzieren.

Ein Team von Sicherheitsexperten, Entwicklern, Designern und Aktivisten will das soziale Netzwerk aufbauen. Geld verdienen soll Openbook nicht mit Werbung, sondern mit einer Digitalwährung namens "Tip" (Englisch für Trinkgeld). Die Nutzer tauschen Euro, Dollar oder etwa Yen in die Openbook-eigene Währung um und können dann anderen Nutzern ein paar "Tips" zukommen lassen – so verdienen beispielsweise Onlinejournalisten etwas Geld. Schließlich sei das Internet nichts ohne die vielen Künstler, Autoren und all die anderen "Content Creators", die ihre Inhalte im Netz veröffentlichen. Ihnen will Openbook ein stabiles Einkommen bescheren. Wie das konkret aussehen soll, beschreibt der Gründer Fernández in einem ausführlichen Blog-Eintrag auf Medium.com. Wie dann allerdings Openbook selbst Geld einnimmt, bleibt erst einmal unklar.

Doch ein werbefreies und super-sicheres Netzwerk mit eigener Währung reicht allein nicht aus, um mit den existierenden Plattformen konkurrieren zu können. "Um erfolgreich zu sein, müssen wir etwas Einzigartiges, etwas Besseres bauen." Openbook soll Spaß machen. Das Team hat eine Menge Ideen für ein echtes soziales Netzwerk, aber: "Wir sollten sie noch nicht verraten." Was das Alleinstellungsmerkmal denn sein wird, bleibt abzuwarten.

Diese jungen Menschen entwickeln Openbook.

(Bild: Openbook)

Klar ist aber, dass Openbook am Status-quo der Netzwerke rütteln will. "Wir sind offen für Ideen", versichert das Team. Außerdem soll Openbook die Welt ein bisschen besser machen: 30 Prozent der Gewinne sollen direkt an NGOs gehen, um etwa den Klimawandel zu bekämpfen. "Wir wollen einfach etwas Gutes schaffen", erzählte Fernández der Süddeutschen Zeitung. Wenn das alles wie geplant klappt, sollen im März 2019 die ersten Nutzer Zugang zu Openbook bekommen. Einen Monat später folgt eine geschlossene Betaphase, ehe es im Mai weltweit richtig losgeht. Vielleicht verzögert sich der Start, denn "building a social network is tough", erklärt eine FAQ auf der Kickstarter-Seite. Sie erklärt auch, warum Openbook nicht über openbook.com zu erreichen ist, sondern über open-book.org.

"Ehrlich", "privatsphärefreundlich", "sicher:" Das Konzept von Openbook klingt gut und lobenswert, doch Facebook-Herausforderer haben es nie leicht. Anfang des Jahres etwa war plötzlich Vero in aller Munde. Die soziale Plattform mit dem Slogan "True Social" verzichtet auf undurchsichtige Sortieralgorithmen und wilde Datensammelei. Nach kurzem Hype wurde es aber wieder sehr still um die App. Diaspora, Mastodon und Ello sind weitere Netzwerke und Plattformen, die den Nutzern eine Alternative zu Facebook und Twitter bieten. Nur sind die offenbar noch nicht bereit, in Scharen den gemütlichen "Walled Garden" zu verlassen.

Facebook mag nerven, aber es ist durchaus gemütlich dort. Außerdem sind inzwischen gefühlt alle beim blauen Giganten angemeldet, sogar die Großeltern. Und selbst der Datenskandal um Cambridge Analytica sorgte nicht für den großen Exodus, trotz kurzzeitiger #DeleteFacebook-Kampagne. Nur in Europa ist die Zahl der Facebook-Nutzer erstmals leicht rückläufig – ein Hoffnungsschimmer für Openbook? Das Interesse an einer Facebook-Alternative ohne Tracking dürfte groß sein. Nur die richtige Alternative, die fehlt noch. (dbe)