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Aufhebung des Hakenkreuz-Verbots: Entwickler wehrt sich gegen DGB-Kritik

In der Hakenkreuz-Debatte meldet sich der Entwickler von "Through the Darkest of Times" zu Wort. Er wehrt sich gegen die Kritik des Gewerkschaftsbunds.

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Aufhebung des Hakenkreuz-Verbots: Entwickler wehrt sich gegen DGB-Kritik

Darstellung der Bücherverbrennungen der Nazis in "Through the Darkest of Times".

(Bild: Paintbucket Games)

Lesezeit: 4 Min.

"Through the Darkest of Times" vom Berliner Entwickler Paintbucket Games ist das erste Spiel, das in Deutschland Hakenkreuze und andere verfassungsfeindliche Symbole mit dem Segen der USK zeigen darf. Die Unabhängige Selbstkontrolle hatte die Gamescom-Demo für Jugendliche ab 12 Jahren freigegeben. In Köln ist jedoch nur ein kurzer Ausschnitt des ersten Kapitels zu sehen. Das fertige Spiel soll in seinen vier Kapiteln die Zeit von der Machtergreifung der NSDAP bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs behandeln. Bis es fertig sei, werde es noch etwa ein Jahr dauern, schätzt Jörg Friedrich, Entwickler und Gründer von Paintbucket Games im Interview mit heise online.

Das Spiel erinnert stilistisch an "Papers, please" und mischt Elemente aus Text-Adventures mit einfachen Rollenspielen. Der Spieler leitet eine Widerstandsgruppe in Berlin, die durch subversive Widerstandsaktionen versucht, neue Mitglieder und Anhänger zu gewinnen. Die Gruppe besteht aus unterschiedlichen Individuen: Kommunisten, Liberale, Sozialdemokraten. Sie verbindet nur ein Ziel: Hitler und die Nazis zu bekämpfen. Der Spieler weiß zunächst nicht, wer von den Mitgliedern homosexuell oder jüdisch ist und später von den Nazis verfolgt wird. Das Spiel hat keinerlei Action-Szenen, sondern spielt im Wesentlichen auf einer Landkarte Berlins und gezeichneten Tafeln, die die Handlung vorantreiben.

Jörg Friedrich

(Bild: heise online / hag)

"Ohne die Darstellung verfassungsfeindlicher Symbole wäre das schwierig geworden", erklärt Jörg Friedrich. Zur Anschauung zeigt er eine Szene von den Bücherverbrennungen. Es zeigt einen SA-Mann mit Hitlergruß vor einem Feuer, in das der entsetzte Erich Kästner blickt. "Die Darstellung des Hitlergrußes war bislang verboten", sagt Friedrich. Doch ohne den gestreckten Arm würde die Szene ihre Brisanz verlieren. Dann sähe es aus wie eine fast romantische Lagerfeuerszene. Ob der Spieler auch den Verlauf der Geschichte ändern kann, steht noch nicht fest. "Wir diskutieren hier viel mit Historikern, an welchen Stellen der Widerstand damals eine Möglichkeit gehabt hätte", sagte Friedrich.

Um in Spielen die Zeit des Nationalsozialismus kritisch darstellen zu können, sei es unumgänglich, die damaligen Geschehnisse akkurat darzustellen. Friedrich kann die Kritik des DGB an der Entscheidung der obersten Landesjugendbehörde nicht nachvollziehen: "Die haben nicht verstanden, worum es geht." Die Darstellung diene nicht der Propagierung, sondern im Gegenteil dazu, das Gedenken an die Greueltaten im öffentlichen Bewusstsein zu halten.

Dabei zieht er Parallelen zur Fernsehserie "Holocaust", die Ende der 70er Jahre eine große Diskussion in der deutschen Öffentlichkeit auslöste. "Der verstorbene Entertainer Hans Rosenthal sagte einmal, dass die Holocaust-Serie mehr zum Verständnis der Deutschen und zur Versöhnung mit den Juden beigetragen habe als viele Geschichtsbücher. Ohne die Darstellung von Hakenkreuzen sei die Serie aber nicht möglich gewesen." Den DGB lud er erneut ein, sein "Through the Darkest of Times" genauer anzusehen. "Bislang hat sich noch niemand bei uns gemeldet."

Zur Diskussion, wo künftig die Grenze bei der Darstellung verfassungsfeindlicher Symbole in Spielen zu ziehen sei, sagte Friedrich: "Ich würde dort die Grenze ziehen, wo kein Kontext vermittelt und Spielern die Möglichkeit gegeben wird, sich mit den Symbolen und den Nazis zu identifizieren." Als Beispiel führte er etwa rechte Clans in Online-Shootern über den Zweiten Weltkrieg an, die sich nach Einheiten der Waffen-SS benennen. Diese seien auch aktuell ein immenses Problem.

Den Anstoß zur Entwicklung von "Through the Darkest of Times" gaben die Wahlerfolge der Rechten in Europa und der Sieg Donald Trumps in den USA, erzählt Friedrich und hofft, dass sein Spiel und andere Titel wie "Attentat 1942" einen kritischen Umgang mit den Rechten fördern und zur politischen Aufklärung beitragen. (anw)