Klassiker neu gelesen: Die Grenzen des Wachstums

"Die Grenzen des Wachstums" schilderte in den Siebzigern, wohin die Menschheit treibt. Was bleibt heute von den Vorhersagen?

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Robert Thielicke

Über Jahrzehnte sollte das Buch „Die Grenzen des Wachstums“ die umweltpolitischen Debatten prägen. Erst lieferte es Naturschützern ein gutes Argument, um vor der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen zu warnen – schließlich stand das Massachusetts Institute of Technology (MIT) hinter der Veröffentlichung. Dann, als der Untergang ausblieb, diente es ihren Gegnern als Beweis dafür, wie lächerlich die Furcht davor gewesen war. Dennoch ist es ein Gewinn, das Werk noch einmal zur Hand zu nehmen.

Die Grundlage für den Bericht lieferte ein Simulationsmodell des MIT-Forschers Jay Forrester. Die Annahme war, dass alle damals beobachtbaren Entwicklungen exponentiell verliefen, sei es nun der Rohstoffverbrauch, die Nahrungsmittelproduktion oder das Bevölkerungswachstum. Per Computersimulation wollte MIT-Forscher Dennis Meadows nun herausfinden, was passiert, wenn all diese Trends zusammenwirken.

Meadows arbeitete mit Big Data, lange bevor es den Begriff gab. Um überhaupt zu einem Ergebnis zu kommen, musste er den Input jedoch extrem vereinfachen. Trotzdem war Meadows überzeugt: „Unserer Ansicht nach genügt das vorliegende Modell bereits als Grundlage für Entscheidungen.“

Die Umweltbewegung nahm es dankbar auf und erhob sein düsterstes Szenario zur allgemeingültigen Aussage des Buches – zugegeben nicht ganz ohne Zutun von Meadows. Als die Apokalypse auf sich warten ließ, hatte die Gegenseite leichtes Spiel. Unterschlagen wird dabei jedoch oft, dass Meadows nicht nur ein Schreckensszenario präsentierte, sondern verschiedene mögliche Entwicklungen durchrechnete. Er diskutierte sehr wohl, dass technischer Fortschritt die Nahrungsmittelproduktion steigern könnte, Rohstoffe wiederverwendet werden, alternative Energiequellen möglich sind.

So mag der Versuch vermessen gewesen sein, den Weltverlauf bis zum Jahr 2100 zu simulieren. Dennoch hat das Werk die Diskussion um unsere Zukunft in die richtige Richtung gelenkt. Gerade im digitalen Zeitalter mit seinen neuen Träumen vom exponentiellen Wachstum dient es als Mahnung, dass wir Grenzen zwar verschieben, sie aber nicht aufheben können.

Dennis Meadows: Die Grenzen des Wachstums. Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit, Deutsche Verlagsanstalt, 1972

Weitere Bücher aus der Reihe "Klassiker neu gelesen":

(anwe)