Atmen wie die Fische

Der Forscher Jun Kamei arbeitet an einem Gerät, mit dem man unter Wasser Luft holen können soll.

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Atmen wie die Fische

(Bild: Jun Kamei)

Lesezeit: 3 Min.

Sauerstoffflasche und Atemregler waren gestern: Ein junger Materialwissenschaftler mit Masterabschluss in Innovationsdesign vom Royal College of Art in London will das Tauchen revolutionieren.

Jun Kamei, der zwischen Japan und Großbritannien pendelt, hat ein Gerät entwickelt, mit dem man unter Wasser ähnlich wie ein Fisch atmen kann. Dabei bedient er sich der sogenannten Biomimikry, also der Nachahmung biologischer Abläufe aus der Natur – dies ist sein Spezialgebiet.

Das Modell kommt aus dem 3D-Drucker.

(Bild: Jun Kamei)

Die künstlichen Kiemen mit der Bezeichnung Amphibio existieren derzeit allerdings nur in einem vereinfachten Prototypstadium – sowie zusätzlichen Designprototypen. Ihr Science-Fiction-artiger Look kann jedoch jetzt schon überzeugen, hofft Kamei. Das Amphibio-System besteht aus einem mikroporösen und hydrophobischen Material, das der Forscher mit Hilfe eines 3D-Druckers produziert hat. Die Technik soll in der Lage sein, Sauerstoff aus dem Wasser zu ziehen und diesen über eine Atemmaske an den Taucher weiterzugeben. Im Umkehrschritt führt es CO2 aus der verbrauchten Atemluft ins umgebende Wasser ab – so wie dies auch bei Fischen erfolgt.

Das aktuelle System arbeitet im Testbetrieb bereits wie gewünscht, generiert allerdings noch nicht genügend Sauerstoff. Kamei hat dennoch große Pläne: Sollte der Meeresspiegel aufgrund des Klimawandels steigen, könnten Menschen mit dem Apparat sehr viel wassernäher leben als heute. "Bis 2100 wird ein Temperaturanstieg von 3,2 Grad Celsius vorausgesagt. Dies könnte zu einem Meeresspiegelanstieg führen, der zwischen 500 Millionen und drei Milliarden Menschen weltweit tangiert. Megastädte an den Küsten könnten überflutet werden", sagt der Forscher. Das Projekt entstand am RCA-IIS Tokyo Design Lab.

Bei der Kiemenatmung erfolgt der Austausch von Sauerstoff und CO2 zwischen dem Blut von Meereslebewesen und dem Wasser, in dem sie schwimmen, über ein komplexes System aus Gegenstrom und Oberflächenvergrößerung. Diesen Ansatz versucht Kamei zu kopieren. Dabei bedient er sich auch Erkenntnissen, die er bei seinem Studium der Angewandten Chemie und Biochemie an der Tohoku-Universität in Japan angeeignet hat.

Prototyp im Aquarium.

(Bild: Jun Kamei)

Ein wenig erinnert das Amphibio-System an Filme wie "Waterworld", die in einer überfluteten Welt spielen. Der aktuelle Prototyp könnte in Verbindung mit einem kleinen Sauerstofftank bereits im Wasser eingesetzt werden, auch wenn erst spätere Varianten vollständig autonom arbeiten werden. Aktuell sitzt das Gerät laut Kamei "zwischen Free Diving und Gerätetauchen". Eine der größten technischen Hürden ist noch, die Oberfläche der künstlichen Kiemen zu erhöhen. Kamei hat errechnet, dass diese für einen Durchschnittsmenschen bei 32 Quadratmetern liegt. Mit neuartigen Falttechniken und anderen Maßnahmen zur Oberflächenvergrößerung könnte sich das umsetzen lassen. Doch bis dahin dürften noch einige Jahre vergehen.

(bsc)