beA: Anwaltspostfach verrät inaktive Nutzer zum Schaden für Mandanten

Einen Tag nach Start des beA haben findige Anwälte bereits eine Funktion gefunden, mit der sich gegnerische Anwälte ausstechen lassen.

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Anwaltspostfach: Anwälte im Blindflug

(Bild: Lars_Nissen_Photoart)

Lesezeit: 2 Min.

Das beA ist erst einen Tag in Betrieb und schon haben findige Anwälte eine Lücke entdeckt, mit dem sich ein Vorteil im Rechtsstreit erlangen lässt. Der Hebel ist die passive Nutzungspflicht. Für jeden Rechtsanwalt ist bereits ein funktionierendes Postfach eingerichtet. Nachrichten in diesem Postfach gelten als zugestellt, ganz unabhängig davon, ob der gegnerische Rechtsanwalt sie auch abruft.

Die Benutzerverwaltung des beA hat nun aber ein Leck, mit dem sich Anwälte finden lassen, die sich noch nicht registriert haben. Sie haben zwar ein Postfach, aber keinen Zugriff darauf. Das beA zeigt hier den Status "vorbereitet aktiv" statt "vollständig aktiv" an.

Die Benutzerverwaltung des beA zeigt an, welcher Anwalt keinen Zugriff auf sein bestehendes Postfach hat.

Das Leck betrifft eine Kernfunktion des beA: Für jedes Postfach kann man mehrere Benutzer definieren, die irgendetwas damit tun dürfen: Mitarbeiter, Vertreter, Abwickler, etc. Will man einen Kollegen als Urlaubsvertretung benennen, muss man ihn zunächst im beA suchen. Da es sich um einen Anwalt mit eigenem beA-Postfach handelt, sucht man nach "Benutzer mit Postfach" und kann dafür in der Maske Suchmuster eingeben. Als Ergebnis bekommt man eine Trefferliste, die den Status verrät. Sucht man gezielt nach gegnerischen Rechtsanwälten, findet man auf diese Weise nicht empfangsbereite Personen und stellt dann gezielt in deren Postfach zu.

Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA)

Anwälte und Anwältinnen in Deutschland sind zu einer passiven Nutzung des neuen besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) verpflichtet. Das Projekt plagen jedoch massive Sicherheitsprobleme und technische Unzulänglichkeiten.

Das hat konkrete Rechtsnachteile für den Mandanten. Er haftet für Fehler seines Rechtsanwalts. Geht ein Prozess verloren, kann er sich nicht auf Fehler seines Anwalts berufen, sondern kann diesen nur selbst wieder auf Schadenersatz verklagen. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten für solche Fehler: Gegner schlägt günstigen Vergleich vor, in den innerhalb Frist eingewilligt werden muss. Gericht setzt Ausschlussfrist für neuen Vortrag, Einzahlung von Kostenvorschüssen oder Ladung von Zeugen, Berufungsfristen, Verteidigungsanzeigen – jede versäumte Frist kann eine Katastrophe sein.

Wer als Anwalt sein beA-Postfach nicht abruft, erleidet aber nicht nur durch böswillige Kollegen Schaden. Die Gerichte haben bereits begonnen, fleißig an beA-Postfächer zuzustellen. (vowe)