Rettende Stuhlspenden sollen als Pille kommen

Die Darmflora beeinflusst die Gesundheit mehr als gedacht. An der Uniklinik Köln wird daran gearbeitet, Stuhltransplantationen als Pille anzubieten.

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Rettende Stuhlspenden aus Köln

Machen sich im Darm nützlich: Die als Milchsäurebakterien bekannten Laktobazillen.

(Bild: 123RF/ Kateryna Kon)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Inge Wünnenberg

Der Einfluss der Darmbewohner auf den Körper des Menschen ist immens. Wissenschaftler untersuchen den Beitrag des Mikrobioms zu so unterschiedlichen Krankheiten wie Parkinson, Depression, Autismus, Asthma, Gelenkentzündungen, Bluthochdruck, Diabetes, Darmkrebs und zu Erkrankungen von Herz, Leber und Nieren. Bei nahezu allen chronischen Krankheiten, so scheint es, besteht ein Zusammenhang mit der Darmflora, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Oktober-Ausgabe.

Während die medizinische Forschung allerdings in vielen Bereichen noch nicht zu entsprechenden Therapien vorgestoßen ist, hat sich die Stuhltransplantation in den vergangenen Jahren schon bewährt: bei Menschen, die nach einer Antibiotika-Therapie wiederholt an schweren Durchfallerkrankungen leiden. Wenn die Darmflora durch ein Antibiotikum geschädigt wird, kann es zu einer Fehlbesiedlung mit dem Krankheitserreger Clostridium difficile kommen. Die dadurch ausgelösten Durchfälle führen zu Flüssigkeits- und Nährstoffverlust und können für die Betroffenen lebensgefährlich sein. Schlägt keines der Antibiotika mehr längerfristig an, kann eine Stuhlspende helfen.

TR 10/2018

Technology Review Oktober 2018

Dieser Beitrag stammt aus Ausgabe 10/2018 der Technology Review. Das Heft ist ab 13.09.2018 im Handel sowie direkt im heise shop erhältlich. Highlights aus dem Heft:

Vielleicht wird es den Bakteriengehalt von Stuhlspenden irgendwann einmal standardisiert in Form einer Pille geben. Doch die Zulassung als Medikament ist bei der Stuhltransplantation, deren Zusammensetzung sich je nach Spender ändert, nicht in Sicht. Daher werden die Transplantationen in Deutschland immer noch als individuelle Heilversuche für schwer kranke Menschen klassifiziert.

Maria Vehreschild von der Uniklinik Köln aber arbeitet seit einigen Jahren daran, die Darmflora als Pille anzubieten. Sie sammelt Stuhlspenden, kontrolliert sie auf Krankheitserreger wie HI-Viren, reinigt sie auf und macht sie über Kryokonservierung haltbar. Inzwischen hat der Bau einer eigenen Herstellungseinrichtung an der Kölner Uniklinik begonnen. Vom nächsten Jahr an will Vehreschild die Bakterien-Pillen deutschlandweit vertreiben. Für Patienten ist diese Lösung angenehmer, da sie die Kapseln gut schlucken können und kein invasiver Eingriff wie eine Darmspiegelung mehr benötigt wird. Nur der die Therapie begleitende Geruch lässt sich selbst durch die Verpackung in Kapseln nicht ganz vermeiden.

Mehr zu dem Thema in der neuen Oktober-Ausgabe von Technology Review (im gut sortierten Zeitschriftenhandel und im heise shop erhältlich). (inwu)