Gunther von Hagens' Zukunft als Plastinat

In London wird jetzt ein neues Museum mit den Präparaten von Verstorbenen eröffnet. Gunther von Hagens, der Erfinder der Plastinate, sieht in ihnen vor allem Lehrobjekte.

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Von
  • Inge Wünnenberg

Mit seinem Hut erinnert Gunther von Hagens ein wenig an Beuys. Und ähnlich wie der bekannte deutsche Künstler hat der 1945 geborene Mediziner und Anatom seinen Platz in der Zeitgeschichte längst gefunden. Nicht zuletzt erinnern auch von Hagens' Arbeiten – die Plastinate von Verstorbenen – an Kunst. Werke wie Fotografien, Objekte, Gemälde und Zeichnungen erzählen ebenfalls auf vielfältige Art und Weise etwas über den Menschen und das Leben. Auf den Körper und das schlichte Sein reduziert, präsentiert der Erfinder der Plastination jene unsterblich gemachten sterblichen Überreste von Spendern. In elf Ausstellungen in Szene gesetzt, touren seine Präparate seit Mitte der neunziger Jahre rund um die Welt.

Inzwischen kann allerdings eine Art ständige Ausstellung im privat geführten Körperwelten Museum von Gunther von Hagens und seiner Frau Angelina Whalley in Heidelberg besichtigt werden. Ein zweites Haus mit rund 200 Exponaten des deutschen Präparators wird jetzt im Oktober in London eröffnet. Vielleicht bietet diese doch ein wenig andere Art der Präsentation in einem Musumsrahmen die Möglichkeit, gewisse Vorbehalte dem Werk von Hagens gegenüber hinter sich zu lassen. Vielfältige und vehemente Proteste sowie Kritik haben die Ausstellungen und von Hagens' Inszenierungen der Körper seit Ende des vorigen Jahrhunderts begleitet.

Ehefrau Whalley, selbst Ärztin, hofft nun in den Museen, die Besucher vor allem aufklären zu können: etwa darüber, wie eine von Teer geschwärzte Lunge aussieht. In der ästhetischen Präsentation der Exponate sieht sie eine Möglichkeit, das Publikum zu begeistern und nicht abzuschrecken: "Ich möchte gern, dass sie das Wunder ihres eigenen Körpers selbst erspüren und erfahren", zitiert SWR2 die Direktorin des Instituts für Plastination.

Das von Gunther von Hagens entwickelte Konservierungsverfahren, das auf dem Ersetzen des im Körper befindlichen Wassers durch Kunststoffe basiert, ermöglicht einen ganz einzigartigen Einblick in den menschlichen Organismus. Kein Wunder also, dass heute 90 Prozent der Präparate, die von Hagens' Familienunternehmen in seinen Werkstätten in Guben herstellt, Anschauungsobjekte für Universitäten darstellen. 70­.000 Euro kostet ein Ganzkörperplastinat, wie die Südwest Presse berichtet. Und rund ein Jahr dauert die Herstellung.

Etwas makaber wirkt trotzdem Gunther von Hagens' Ankündigung, nach seinem Tod von seiner Frau plastiniert werden zu wollen. "Ich sehe meinen präparierten Körpern in einer Begrüßungspose am Eingang einer Austellung", verkündete er jetzt in einem Gastbeitrag in der britischen Zeitung The Guardian. The Show must go on, lautet wohl die Devise des heute 73-Jährigen, der inzwischen an Parkinson erkrankt ist. Zugleich aber zeugt das Vorhaben von der Authentizität von von Hagens' Lebenswerk und von der Ernsthaftigkeit, mit der er es betrieben hat. Hut ab!

(inwu)