The Bard's Tale IV angespielt: Schlampige Technik trübt ein sympathisches Spiel

14 Jahre nach seinem letzten Auftritt geht der Bänkelsänger wieder auf Tour. Leider blitzen die 80er Jahre-Wurzeln der Sage unangenehm durch.

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The Bard's Tale IV angespielt: Die schlampige Technik macht viel kaputt

(Bild: Sega)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Stephan Greitemeier
Inhaltsverzeichnis

14 Jahre nach The Bard's Tale gibt es mit Bard's Tale IV nun wieder einen neuen Teil in der Spielereihe. Was zuerst unangenehm auffällt, ist die altbackene Grafik. Die Stadt Skara Brae wirkt im neuen Ableger merkwürdig billig, selbst auf Ultra-Setting. Details ploppen erst nach und nach ins Bild und man fragt sich, wofür die 8 GB RAM verwendet werden sollen. Erst das Spielen an den Reglern für Tiefenschärfe macht die Umgebung erträglich. Problematisch ist aber genauso die Bewegung. Das Bild wirkt gestaucht wie das erste „Doom“.

Das ist umso tragischer, da das Spiel hauptsächlich die Egoperspektive benutzt, ohne dass Arme oder ähnliches ins Blickfeld ragten. Grafik-Minimalismus lässt Entwickler inXile Entertainment auch an anderer Stelle walten. Hat sich jemand der eigenen Gruppe angeschlossen, verschwindet er oder sie aus der Umgebung. Das hat leider zur Folge, dass man unter Umständen nicht merkt, dass man einen Getreuen in der Taverne verloren hat - bis es zum Kampf kommt. Dann nämlich wechselt das Spiel in die Dritte Person und man stellt überrascht fest, dass man plötzlich alleine vier Panzerreitern gegenübersteht.

Selbst die Ladezeiten sind wie vor 30 Jahren. Nicht nur das Betreten eines neuen Levels, auch das Betreten eines Hauses dauert erstaunlich lange. Die Wartezeit wird mit launigen Tipps verkürzt, aber für ein aktuelles Spiel mit maximal mittelmäßiger Grafik ist die Dauer kaum zu entschuldigen. Man ist versucht, in der Zwischenzeit ein Level eines Mobile Games zu meistern. Oder den gesamten Abwasch zu erledigen.

Bard's Tale IV (5 Bilder)

Trifft man auf Gegner, wechselt das Spiel in eine neue Perspektive. Wie auf einem Spielbrett kann man seine Kämpfer verschieben, und die Feinde angreifen. Pro Runde stehen nur drei Aktionspunkte zur Verfügung, was taktisches Denken nötig macht. Charaktere mit Flächenangriffen sind sehr nützlich, und eine angeschlagene Figur kann auch mal hinter einem Kameraden in Deckung gehen.
(Bild: heise online)

Sieht man über Grafik und Ladezeiten hinweg, entdeckt man viele gute Eigenschaften in The Bard's Tale IV. Einzelne Level wie das Goblin-Ghetto sind erstaunlich schön geraten. Ein nettes Feature ist auch der Humor, der immer wieder durchscheint. Das beginnt schon bei den breiten schottischen Akzenten, mit denen die fantastischen Sprecher ihre Monologe plärren. Die Nebenfiguren sind scharf gezeichnet, mit eigenen Persönlichkeiten und Macken. Das macht das Klicken durch die Dialogbäume etwas angenehmer.

Auch die Story beginnt spannend und birgt unheimliche Anklänge ans aktuelle politische Klima. Das multikulturelle Skara Brae droht in offenen Rassenkrieg auszubrechen: Trolle gegen Elfen, Elfen gegen Menschen, Menschen gegen Alle! Mit List und Tücke versuchen die Inquisitoren der Paladine, gegen magische Wesen zu intrigieren, und die entehrte Gilde der Abenteurer scheint die letzte Bastion der Völkerverständigung zu sein. Dabei wird dankbarerweise kein einfaches Gut/Böse-Schema bedient, Helden und Schurken tummeln sich in allen Fraktionen.

Das originelle, aber nicht ganz durchdachte Speichersystem birgt hohes Frustpotential: Statt eines Schnellspeichersystems gibt es verteilte Totems, die man entweder aktivieren oder aussaugen kann. Man hat im Grund die Wahl, ob man lieber speichern oder einen Buff für sein Team möchte. Entscheidet man sich für den Buff, muss man im Zweifelsfall lange Spielabschnitte erneut hinter sich bringen. Dankbarerweise kann man dennoch das Spiel an jedem Ort beenden. Das gilt dann nicht als fester Speicherpunkt, aber man kann zumindest wieder an der selben Stelle anfangen.

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Gut gelungen ist das runden- und felderbasierte Kampfsystem von Bard's Tale IV, das an frühe japanische RPGs erinnert. Auf einem virtuellen Schachbrett stehen die Verbündeten den Feinden gegenüber. "Zauberpunkte" bestimmen die Anzahl der Züge, die in Angriffe, Bewegung oder Magie umgemünzt werden können. Einen versehentlichen Klick kann man leider nicht zurücknehmen. Das kann schlimme Konsequenzen haben, denn mit nur drei Zauberpunkten pro Runde ist der Raum für Fehler begrenzt. Immerhin kann man Kämpfe anfangs auch abbrechen, und gefallene Kameraden werden wiederbelebt, wenn man gewinnt.

Das schlimmste Problem sind die Bugs, die Bard's Tale IV infestiert haben. Zwar gab es im Test keine Abstürze, wohl aber einen digitalen Diebstahl: Beim Handeln mit der Barfrau der Abenteurer-Gilde verschwand plötzlich das komplette Inventar. Nur was wir am Leibe trugen, überstand die hinterlistige Attacke.

Die Wiederbelebung der klassischen Fantasy-Reihe versteckt seine Perlen hinter einer Brandmauer technischer Fehler. Trotz sympathischer Story, tollen Sprechern und spaßigen Kampfsystem wirkt Bard's Tale IV an vielen zentralen Stellen wie hingeschludert.

The Bard’s Tale IV: Barrow‘s Deep (ab 5,39 €)“ ist seit dem 18. September für Windows-PC erhältlich. Eine Version für Linux soll folgen. Das Spiel kostet 35 Euro. Für unser Angespielt haben wir ein paar Stunden mit der Release-Version gespielt. (dahe)