Roboterleistungsschau Elrob: Autonome Irrfahrten, routinierte Telemanipulationen

Was sich einfach anhört, ist es manchmal nicht: Das autonome Hin- und Herfahren einer Strecke brachte manche Roboter auf der Elrob an ihre Grenzen.

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Roboterleistungsschau Elrob: Autonome Irrfahrten, routinierte Telemanipulationen

(Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Lesezeit: 5 Min.
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  • Hans-Arthur Marsiske
Inhaltsverzeichnis

Die diesjährige Roboterleistungsschau Elrob (European Land-Robot Trial) im belgischen Mons bot auch am dritten Tag ein Wechselbad von Enttäuschungen und Überraschungen. Wobei die Enttäuschung überwog: Die meisten Teams blieben hinter den Erwartungen zurück.

Umso überraschender war es, dass ausgerechnet ein Elrob-Neuling beim Szenario Mule alle anderen, erfahreneren Teams in den Schatten stellte. Die Aufgabe bestand darin, einem Roboter eine etwa 700 Meter lange Strecke zu zeigen, die er danach autonom möglichst oft hin- und herfahren sollte. Zwei Teams starteten zeitversetzt, sodass sie sich bei gleichem Tempo in der Mitte begegnen würden. Als zusätzliche Erschwernis wurde auf der Strecke mal die eine, mal die andere Straßenhälfte gesperrt. Die Fahrzeuge konnten also nicht exakt den gelernten Weg nehmen, sondern mussten dieses unerwartete Hindernis umfahren.

Die teilnehmenden Roboter waren extrem unterschiedlich: So konkurrierte der zehn Tonnen schwere Laster MAN HX58 des Teams Smart Military Vehicles mit den kleinen, ungefähr drei Stundenkilometer schnellen Robotern der Teams Avrora aus Russland und Taut aus Österreich. Beide erwiesen sich als eher ungeeignet. Der Laster war so groß, dass der Sicherheitsfahrer an schwierigen Stellen zu oft eingreifen musste. Aber immerhin fuhr er die Strecke mehrmals ab, während die beiden anderen Teams bereits nach dem Lernen aufgeben mussten.

Bei Taut hatte der Laserscanner auf dem flachen Abschnitt offenbar zu wenig Reflektionen, um eine Karte erstellen zu können. Es sei ungefähr so, als würde man völlig orientierungslos im Ozean schwimmen, vermutete ein Mitglied des Teams. Bei Avrora war der Fehler zunächst völlig unklar. Der Roboter hätte eigentlich ungefähr alle drei Meter einen GPS-Wegpunkt abspeichern sollen, sagte der begleitende Forscher, der dem Roboter die Strecke gezeigt hatte. Dennoch machte der Roboter am Wendepunkt keinerlei Anstalten, den Rückweg anzutreten.

Elrob: Strecke autonom hin- und herfahren (15 Bilder)

Eine kleine Gemeinheit der Elrob-Organisatoren für das Mule-Szenario war dieses "negative Hindernis" im Startbereich. Hiermit hatte aber keiner der Roboter ein Problem. (Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Die Elrob-Profis vom Team MuCar fuhren zwar deutlich flotter und bewältigten die Strecke in der vorgesehenen Zeit von 30 Minuten mehrfach. Aber über ungefähr ein Drittel der Zeit wurde das Fahrzeug vom menschlichen Fahrer gesteuert. Als besonders schwierig für alle Teams erwies sich die abwechselnde Sperrung der beiden Straßenhälften, die zudem durch eine ständige U-förmige Absperrung in der Mitte ergänzt wurde. Das rotweiße Plastikband, mit dem die Sperrungen markiert wurden, war sowohl für Laserscanner als auch für Stereokameras ausgesprochen schwer zu erkennen.

Am Ende gewann das Team Rheinmetall, das mit dem in Kanada entwickelten achträdrigen Transportfahrzeug Mission Master zum ersten Mal überhaupt an der Elrob teilnahm. Der Roboter fuhr so schnell, dass eine gut trainierte Läuferin ihn in der Lernphase und bei den folgenden Fahrten begleiten musste. Zudem zeigte er an den Straßensperren deutliche Versuche, die Hindernisse autonom zu umfahren, wobei ihm die Fähigkeit, auf der Stelle zu wenden, zugutekam.

Parallel zum Mule-Szenario wurde der Wettbewerb zur Untersuchung von verdächtigen Gegenständen und Sprengfallen durchgeführt, bei dem die Teams ELP und Telerob antraten. Beide konnten sehr zufrieden sein. Von den neun gestellten Aufgaben bewältigten sie jeweils acht in der vorgesehenen Zeit von viereinhalb Stunden. Die dritte Aufgabe, eine Fahrt über extrem unwegsames Gelände, ließen sie weg, durchsuchten dafür ein Gebäude, ein großes Transportfahrzeug und einen Container, bewältigten einen Hindernisparcours, bargen Sprengsätze auf einem Rasenfeld sowie in Eisenbahnwagen.

Da die verwendeten Roboter unterschiedlichen Gewichtsklassen angehören, sind die Leistungen nicht unmittelbar vergleichbar: So zählt der Packbot des Teams ELP mit 30 Kilogramm Eigengewicht zur Kategorie "man-portable", kann also von einem Mann zumindest über kurze Strecken getragen werden. Das macht ihn im Einsatz flexibler als den 140 Kilo schweren Telemax plus von Telerob, bringt ihn aber an Grenzen, wenn es darum geht, schwere Lasten zu heben. Bei den Aufgaben, zwei 80 und 100 kg schwere Puppen in einen sicheren Bereich auf einer Rasenfläche zu ziehen oder einen 30 kg schweren Kanister zu bergen, war ELP daher von vornherein chancenlos.

Elrob: Verdächtige Gegenstände und Sprengfallen aufspüren (8 Bilder)

Mit einem simplen Haken öffnete der Packbot des Teams ELP souverän die Türen eines LKW… (Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Mit dem stärkeren Roboter Kobra hätte das sicherlich anders ausgesehen. Dafür hätten sie aus den USA aber nicht die Genehmigung zum Einsatz außerhalb Deutschlands gehabt, erklärte Teamleiter Colin Weiss. Mit dem Packbot aber schafften sie immerhin alles, was mit diesem System zu schaffen war, und das weitgehend reibungslos. Es war deutlich zu erkennen, dass der Operator mit diesen Aufgabenstellungen offensichtlich besser vertraut war als mit dem Aufklärungsszenario vom Vortag. (olb)