Künstliche Intelligenz soll für Durchblick beim Datenschutz sorgen

Bots könnten helfen, Datenschutzbestimmungen von Online-Plattformen zu durchleuchten, meinen Experten. Die geplante E-Privacy-Verordnung lasse auf sich warten.

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Künstliche Intelligenz soll für Durchblick beim Datenschutz sorgen
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Auf jeder Webseite werden die Nutzer unter Verweis auf die europäische EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) aufgefordert, der Verarbeitung persönlicher Informationen und dem Setzen von Cookies zuzustimmen. Alles werde so längst einfach abgenickt, erklärte Daniela Brönstrup, Leiterin der Unterabteilung Internationale Digitalpolitik im Bundeswirtschaftsministerium, am Donnerstag auf der "Privacy Conference" des IT-Branchenverbands Bitkom in Berlin. Dies laufe der eigentlichen Anforderung der DSGVO nach einer "informierten Einwilligung" zuwider.

"Datenschutzbestimmungen müssen verständlich sein", ergänzte Claus-Dieter Ulmer, Datenschutzbeauftragter der Deutschen Telekom. Er plädierte daher dafür, die wichtigsten Inhalte daraus auf einer einzigen, vom Nutzer leichter zu überblickenden Seite in Form von One-Pagern anzuzeigen. Weiter brachte er Werkzeuge wie "Privacy Bots" ins Spiel, um das Opt-in-Dilemma zu lösen. Dabei gehe es darum, dass eine Künstliche Intelligenz (KI) die Vorlieben des Nutzers rund um die Freigabe persönlicher Informationen lerne sowie auf dieser Basis Datenschutzbestimmungen von Webseiten lese und bewerte. Das KI-Instrument erkläre dem Anwender dann die Optionen und erleichtere ihm so die Entscheidung.

Derlei Werkzeuge, für die die Telekom voriges Jahr bereits einen Wettbewerb durchgeführt und erste Konzepte für virtuelle Assistenten prämiert hat, führen laut Ulmer zu mehr informationeller Selbstbestimmung. Kein Nutzer sehe sich damit mehr genötigt, Geschäfts- und Datennutzungsanforderungen abzuklicken. Brönstrup zeigte sich offen für solche Ansätze: Auch ihrer Ansicht nach könnte KI helfen, "einfacher informiert einzuwilligen". Juristen verweisen andererseits aber auch auf Missklänge zwischen Maschinenlernen, Big Data und DSGVO. Transparenzanforderungen seien bei einer "Blackbox-KI" etwa nicht angemessen zu erfüllen.

Facebook-Datenschutzmanagerin Emily Sharpe betonte, dass es sich ihr Unternehmen nicht leicht gemacht hab mit ihren umstrittenen neuen Privatsphäre-Einstellmöglichkeiten. Diese sei nach monatelangen internen Diskussionen bewusst aus Gesichtspunkten eines besseren Nutzungserlebnisses mithilfe erfahrener Designer gestaltet worden. Der damit einhergehende Fluss an Entscheidungen solle die Auswahlmöglichkeiten "aus menschlicher Perspektive" übersichtlich darstellen. Zuvor hätten auch Techniker bei dem Konzern den DSGVO-Text Wort für Wort gelesen und sich in die Thematik reingekniet. Kritiker bemängeln dagegen vor allem, dass sich die Kalifornier mit dem Opt-in-Prozess auch ein Plazet zur automatisierten Gesichtserkennung zu erschleichen suche.

Hierzulande hat nach einer repräsentativen Bitkom-Umfrage knapp ein Viertel der Unternehmen die DSGVO vollständig umgesetzt. 40 Prozent gaben an, die Vorschriften größtenteils implementiert zu haben, 30 Prozent teilweise. Gerade erst begonnen haben fünf Prozent der Firmen. 78 Prozent beklagten höheren Arbeitsaufwand im laufenden Betrieb. 96 Prozent sind daher für eine Reform der Verordnung mit weniger Dokumentations- und Informationspflichten. 46 Prozent sehen in der DSGVO aber auch einen Wettbewerbsvorteil für europäische Unternehmen. Dass die EU-Gremien parallel an einer E-Privacy-Verordnung stricken, ist 86 Prozent der Befragten ein Begriff.

Ob die geplante Novelle der bestehenden, rund 20 Jahre alten Richtlinie für den Datenschutz in der elektronischen Kommunikation tatsächlich kommt, ist aber nach wie vor fraglich. "Wir brauchen etwas mehr Zeit", warb Brönstrup für Geduld. Die im EU-Rat an dem Dossier sitzenden Regierungsvertreter hofften, sich in diesem Jahr auf eine gemeinsame Position einigen und noch vor den Europawahlen im Mai zu einem Kompromiss mit dem Parlament zu kommen, das seinen Kurs längst abgesteckt hat. (anw)