Gegen den Wind

Selbst die modernsten Segel- und Landyachten können zwar schneller als der Wind segeln, aber nicht direkt gegen den Wind. Teams aus aller Welt zeigen einmal im Jahr mit selbst gebauten Fahrzeugen, dass auch beides gleichzeitig geht.

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Gegen den Wind

Das „Ventomobil“ aus Stuttgart gewann einen Innovations-Award für seinen mechanisch-elektrischen Hybridantrieb. Im Bild ist nur die mechanische Variante zu sehen. In der Hybridvariante wäre ein zweiter Rotor am Stab vorn befestigt, wo nun ein Sensor angebracht ist.

(Bild: Foto: Institut für Flugzeugbau/Universität Stuttgart)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Daniel Hautmann

Zwei Zentimeter trennen Julian Fial vom Asphalt. Er liegt im engen Kohlefaser-Cockpit seines 171,7 Kilogramm leichten Rennwagens und blickt durch die Glashaube auf eine 500 Meter lange Rennstrecke auf einem Damm nahe dem niederländischen Den Helder. Hinter ihm heult sein Motor mit 1500 Umdrehungen in der Minute. Er besteht aus zwei messerscharfen Rotorblättern, und sein Treibstoff ist Wind.

Julian Fial arbeitet am Institut für Flugzeugbau an der Universität Stuttgart. Das „Ventomobil“ hat er mit seinem Studententeam entwickelt und gebaut. Es ist ein sogenanntes Gegenwindfahrzeug, also eine Art fahrende Windturbine. Seit 2008 treten Teams aus aller Welt alljährlich beim „Aeolus Race“ mit solchen Vehikeln gegeneinander an. Ihr Ziel ist es, schneller als der Wind zu fahren. Zudem fließen auch Beschleunigung und Innovationskraft in die Bewertung ein.

Das Ganze klingt zwar nach Perpetuum mobile, ist aber durchaus möglich. 2016 glückte dies erstmals einem dänischen Team namens DTU mit 101,76 Prozent der Windgeschwindigkeit. „Die Summe aller Reibungen – angefangen beim Getriebe über die Räder bis zu den Rotorblättern – muss geringer sein als die aus dem Wind gewonnene Vortriebskraft“, sagt Fial.

Nun geht es um die Frage: Wie viel schneller ist möglich? Wobei der Wind nicht genau von vorn kommen muss, sondern nur in einem bestimmten Winkel. Für die Konstrukteure bedeutet das: Sie müssen ihre Rotoren drehbar und sensorgesteuert bauen, um sie auf die tatsächliche Windrichtung einzustellen. Der Clou: Je schneller das Fahrzeug fährt, desto stärker weht der „scheinbare Wind“, also die Summe aus wahrem Wind und Fahrtwind – und damit steigt die Antriebsleistung.

Begonnen hat das Engagement der Stuttgarter 2007. Damals starteten zwei Studenten mit dem Bau des ersten Ventomobils. Es war ihre Abschlussarbeit. Das Fahrzeug bestand aus einem Kohlefaser-Chassis und einem Rotor, der die Räder direkt antrieb. Es war klar, dass das Fahrzeug leicht sein muss. „Ich bin selbst Konstrukteur und wäre oftmals viel konservativer an die Auslegung gegangen“, sagt der damalige Professor Martin Kühn. „Die Studierenden haben sich da echt viel zugetraut und gezeigt, dass es geht.“

(grh)