Ab 2045 nur noch saubere Energie in Kalifornien

Der US-Bundesstaat lässt sich vom Klima-Rollback der Trump-Regierung nicht beirren.

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Ab 2045 nur noch saubere Energie in Kalifornien

(Bild: College of Engineering / UC Davis)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • James Temple

Die amerikanische Regierung hat sich unter Präsident Trump vom Pariser Klimaabkommen verabschiedet. Derzeit ist sie dabei, den von Präsident Obama 2015 in Kraft gesetzten Clean Power Plan zu ersetzen, die amerikanische Kohleindustrie zu fördern und die US-amerikanischen Bundesnormen für Fahrzeugemissionen zurückzufahren. Doch Kalifornien lässt sich von diesen Signalen nicht beirren.

Der Bundesstaat setzt vermehrt auf saubere Energie. Nun unterzeichnete Gouverneur Jerry Brown ein Gesetz, demzufolge Ende 2045 der staatliche Strom zu 100 Prozent aus kohlenstofffreien Quellen stammen soll. Zusätzlich beauftragte Brown die kalifornischen Behörden herauszufinden, wie sich bis dahin die gesamte Wirtschaft inklusive Transport und Fertigung CO2-neutral machen lässt. US-Energieökonom Danny Cullenward von der Carnegie Institution for Science wertet die gesamte Maßnahme als "das wichtigste Klimagesetz in der Geschichte der USA". Die Auswirkungen auf die globalen Verhältnisse werden zwar vernachlässigbar sein.

Aber mit seinem Vorstoß biete es einen riesigen Markt zur Einführung von Technologien für saubere Energien und etabliere ein Know-how, von dem andere Staaten profitieren könnten. "Kalifornien fungiert als Testumgebung für das, was technisch machbar ist", urteilt auch Severin Borenstein, Energieexperte von der University of California in Berkeley.

Das neue Gesetz zieht zugleich das 50-Prozent-Etappenziel für erneuerbare Energien von 2030 auf 2026 vor. Das unterstreicht das rasante Tempo, das der Bundesstaat seit der Einführung des Renewable Portfolio Standard (RPS) 2002 vorgelegt hat.

Für die Stromkunden bedeutet die Wende bisher überhöhte Preise, weil einige zu hohe alte Wind- und Solarkontrakte noch in Kraft sind. Laut Borenstein hat die Energiewende jedoch keineswegs die florierende Wirtschaft zerstört. Das Bruttoinlandsprodukt stieg im Vorjahr um 127 Milliarden Dollar. Wäre Kalifornien ein Staat, wäre es die fünftgrößte Volkswirtschaft der Welt.

Die kritische Frage lautet nun allerdings, ob am Ende das gesamte staatliche Netz derart günstig und zuverlässig mit sauberer Energie versorgt werden kann. Viele Forscher glauben, dass die zweite Etappe zum kalifornischen Clean-Energy-Ziel wesentlich schwieriger und teurer sein wird. Für die erste Etappe konnte man von der großen Zahl bereits bestehender Wind-, Geothermie-, Biomasse- und Solarthermieanlagen profitieren. Nun muss für jeden weiteren Prozentpunkt an sauberem Strom investiert werden.

Vielleicht die größte Herausforderung aber ist, dass die Leistung von erneuerbaren Quellen wie Wind und Sonne je nach Tages- und Jahreszeit stark variiert. Das Management dieser sogenannten Dunkelflauten könnte schwierig und kostspielig werden. "Der Aufwand, die letzten 20 Prozent zu erreichen, könnte genauso groß sein wie die ersten 80", sagt Energieforscherin Jane Long. Die ehemalige stellvertretende Direktorin am Lawrence Livermore National Laboratory hat den Technologiemix, der zur Erreichung der kalifornischen Emissionsziele erforderlich sein könnte, genau untersucht.

Aber das neue Gesetz gewährt auch zusätzlichen Spielraum, indem es die Definition von sauberen Energiequellen gezielt erweitert. So ist die Rede von "kohlenstofffreien Ressourcen" und nicht mehr nur von "erneuerbaren Energien". Das bedeutet, dass auch neue Technologien miteinbezogen werden können, die erst in den kommenden Jahren entstehen.

Daniel Kammen, Direktor des Renewable and Appropriate Energy Laboratory an der University of California in Berkeley, erinnert ohnehin daran, dass noch nicht alle "tief hängenden Früchte" geerntet seien. Als Beispiel nennt er den Einsatz von Elektrofahrzeugen als Instrument der verteilten Speicherung. Außerdem glaubt Kammen, dass es in den nächsten Jahrzehnten zu einer deutlichen Verschiebung hin zu den "Low-Carbon-Lebensstilen" junger Menschen kommen wird. Denn der Staat setze zunehmend auf verdichtetes Wohnen in Städten und auf öffentliche Verkehrsmittel statt auf Einfamilienhäuser und Autoverkehr.

(bsc)