Das Diesel-Maßnahmenpaket enthält keine konkreten Maßnahmen

Klartext: Ein Paket voll heißer Luft

Seit dieses Dieselzeug durch die Szene geistert, hat die Politik einen Eiertanz gefahren, der jetzt in einem "Maßnahmenpaket" gipfelt, das weder konkrete Maßnahmen enthält noch als klar definiertes Paket auftritt

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(Bild: Bosch)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Clemens Gleich
Inhaltsverzeichnis

“Endlich ist alles klar, wie es mit dem Dieselbetrug weitergeht!“ Stimmen Sie diesem Satz genausowenig zu wie wir? Aber warum? Die Regierung hat doch jetzt stolz das ultimative Maßnahmenpaket beschlossen, das die ganze böse Sache ad acta legen soll! Das Volk steht jedoch da mit der Realität dieses Pakets: Vage Versprechungen, keine konkreten Maßnahmen, Unsicherheits-Level wie zuvor. Die Politik hat wieder einmal das getan, was sie dieser Tage am besten kann: versagt.

Schlaue Zulieferer zeigten uns SCR-Nachrüstanlagen, zum Kauf bei ihnen. Die könne man doch, zwinker, zwinker, in alte Diesel einbauen, um sie auf neuere Abgaswert-Niveaus zu pushen. Ja. Könnte man. Doch: Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld? "Die Autohersteller natürlich! Sie sollen das bezahlen", tönt es vielerorts. Sie weigern sich jedoch größtenteils. Der Schüler, der das kleine Latinum oder auch nur die Grundlagen des Rechtsstaats erlernt hat, weiß warum: In dubio pro reo. Deutsch: Im Zweifel für den Angeklagten.

Wir reiten hier im Autokanal so viel darauf herum, weil der Grundsatz des Rechtsstaats uns anderswo nicht ansatzweise genügend weit geritten wird. Volkswagen hat einen Betrug zugegeben. Audi hat eine Vertuschung zugegeben. Damit hat ein Gericht Handhabe gegen diese Firmen. Doch BMW? Opel? Sicherlich und mit Grund ermitteln die Behörden auch bei diesen Marken. Doch bis Beamte dort Verdächtige der Taten überführen, kann der Staat diese Firmen nicht zu Maßnahmen zwingen. Ein kollektives „Wir wissen, dass das alles Lumpen sind“ reicht nicht, auch wenn Protagonisten wie Jürgen „Das-Recht-bin-ich“-Resch das gern insinuieren. Ja, der Rechtsstaat ist so zäh, dass es wehtut, ihm bei der Arbeit zuzusehen, aber man schaue sich die Alternativen an, um zu verstehen: Was Besseres haben wir nicht. Ich behaupte sogar: Hätten wir MEHR Rechtsstaat, stünden wir bei den Ermittlungen deutlich besser da.

Wolle Rose kaufe?

Eine Urlaubserinnerung: Wir saßen irgendwo in Chalkidiki in einer Taverne. Der Wirt befüllte unsere Gläser mit Hauswein. Wir tranken. „Und?“, fragte er, „Wie schmeckt das?“ Ich musste ihm sagen: „Eher scheußlich.“ Seine Antwort verblüffte uns: „Ah. Wollen Sie dann eine Flasche davon kaufen?“ Daran muss ich dieser Tage häufig denken, weil die Wirte der Autoindustrie ihr Handwerk offenbar in der Ägäis gelernt haben: „Ihnen gefällt unser Betrugauto nicht? Wie wäre es dann mit noch einem Auto von uns?“

Für die in Metaphern verlorenen Seelen: Es geht um die Umtauschprämien. Zuallererst bin ich empört darüber, wie ebendie jetzt vorgetragen werden, als gäbe es sie nicht schon lange in exakt derselben Form von: jeder, wie er mag. Und weiters empört mich ebendiese Form. Kunden werden den Herstellern überlassen, die sie nach Belieben versorgen oder diskriminieren oder ignorieren. Das ist doch keine „Maßnahme“ im Dieselproblemkreis, das ist eine politische Bankrotterklärung.

Bankrott in allen Filialen

Der Bankrott durchzieht alle politischen Aspekte der Sache. Jetzt haben wir die ersten Fahrverbote für Diesel, und zwar für die bis einschließlich Euro 4. Stickoxide stoßen jedoch hauptsächlich die Fahrzeuge mit Euro 5 und Euro 6 (vor den Euro-6d-Temp-Änderungen) aus. Das heißt: Diese Fahrverbote bringen entweder gar nichts oder sogar minimal schlechtere Messergebnisse in Sachen NOx.