Computer-Spiele: Ärger mit Raubkopien
Immer mehr Jugendlich investieren ihr Geld angeblich lieber in Brenner und Rohlinge anstatt in Original-Versionen von Spielen.
Computerspiele sind teuer: Für viele Jugendliche reicht das Taschengeld nicht, um sich die Top-Titel selber zu kaufen. So werden Raubkopien zur billigen Alternative. An manchen Schulen floriert ein regelrechter Handel mit gebrannten Spiele-CDs, und nur wenige der jungen Spielefreaks sind sich dabei bewusst, dass sie mit dem Kopieren unter Umständen eine Straftat begehen.
Der Schaden, der den Spieleherstellern durch Raubkopien entsteht, soll immens sein. Nach Angaben des Verbandes der Unterhaltungs-Softwareindustrie (VUD) in Paderborn liegt er in Deutschland zwischen 750 Millionen und einer Milliarde Mark. Andererseits hält es die Polizei für schwierig, das Dunkelfeld abzuschätzen. "Anders als bei den professionellen Raubkopierern ist es blanke Prognose, wer sich alles Kopien für den Privatgebrauch herstellt", sagt Steffen Hahn von der für Computerbetrug zuständigen Abteilung LK 521 in Hamburg.
Das Problem besteht VUD-Geschäftsführer Hermann Achilles zufolge in erster Linie darin, dass bei den Tätern kein Unrechtsbewusstsein besteht. "Wer weiß schon, dass er mit dem Erwerb einer Software nicht das Eigentum an der Software erwirbt, sondern lediglich das Recht, sie zu nutzen", fragt er. Hier müsse viel mehr Aufklärung bei Eltern und Lehrern betrieben werden. "Leider herrscht auch dort noch häufig die Meinung vor, dass Raubkopieren ein Kavaliersdelikt ist", sagt Achilles.
Gebrannt werden vor allem die Renner unter den Computerspielen. Beliebt sind auch indizierte Produkte, meint der 16-jährige Stefan aus Hamburg: "In der Schule kann man alles besorgen." Er selbst besitze nicht eine einzige Original-CD, so der Schüler. Doch was nun genau kopiert wird, weiß eigentlich niemand. "Wenn wir das wüssten, wüssten wir auch wesentlich mehr über die Kopierer und könnten gezielter gegen sie vorgehen", sagt Achilles.
Warum viele Jugendliche sich ihre Spiele-Software lieber von Freunden brennen lassen oder selber aus dem Internet herunterladen, liegt auf der Hand: CD-Rohlinge sind inzwischen billig zu bekommen, und CD-Brenner gehören bei den Computer-Paketen vieler Kaufhäuser zur Serienausstattung. Dazu besteht für die Raubkopierer kaum ein Risiko, denn bevor die Polizei der Sache überhaupt nachgehen kann, muss ihr zunächst eine Anzeige vorliegen.
Doch kosten Computerspiele wirklich zu viel Geld? Laut VUD-Geschäftsführer Achilles arbeiten durchschnittlich zehn Vollzeitkräfte bis zu 36 Monate lang an der Entwicklung eines solchen Spiels. "Und zu den Lohnkosten kommen noch diverse andere Kostenfaktoren, sodass die Entwicklungskosten in Größenordnungen von mehreren Millionen Mark liegen", sagt er. "Wenn man dagegenhält, welche Stückzahl verkauft wird, kommt man schnell zu den bekannten Marktpreisen." Und schließlich liefere ein Vollpreisspiel bis zu über 40 Stunden Spielzeit für den Nutzer.
Für Eidos Interactive-Pressesprecher Theodosseos Theodoridis in Hamburg sind die Preise gerechtfertigt. "Das Argument der Raubkopierer, die Spiele seien zu teuer, gilt nicht", sagt er. "Schließlich handelt es sich hier um geistiges Gut." Längst könnten Jugendliche auch günstiger an gute Spiele herankommen, vorausgesetzt, es müssen nicht gerade die neuesten Titel sein. So enthalte die Eidos Premier Collection beispielsweise gut gelaufene Spiele für rund 40 Mark. "Ich vermute, die anderen Spiele werden erst billiger, wenn das Kopieren aufhört."
Einen hundertprozentigen Kopierschutz gibt es jedoch nicht. Schutzvorrichtungen wie Key-Code-Abfragen oder integrierte Code-Abfragen halten nur weniger erfahrene Raubkopierer vom Brennen ab. Auch Überlängen-CDs, wie beim Spiel Alone in the Dark IV: The New Nightmare von Infogrames, das rund 90 Mark kostet, bieten einen bestimmten Schutz. "Da lohnt sich das Brennen nicht, denn dazu sind drei CDs nötig", sagt Michael Bratsch, PR-Manager von Infogrames in Dreieich-Sprendlingen bei Frankfurt/Main.
FĂĽr Steffen Hahn von der Polizei in Hamburg handelt es sich bei dem Herstellen von Spiele-Kopien um eine schwierige Rechtsmaterie, die nicht leicht zu durchschauen sei. "Selbstgebrannt bedeutet nicht gleich strafbar", sagt er. Solange mit den Kopien kein Handel betrieben werde, sei das Urheberrecht nicht verletzt. Bestehe jedoch der hinreichende Tatverdacht des Handels mit Raubkopien, wĂĽrde die Polizei einschreiten und auch Computer und CDs beschlagnahmen.
Die Rechteinhaber selbst stellen im Vorfeld ihre eigenen Nachforschungen an, indem sie etwa Newsgroups oder Chat-Räume, in denen Software-Kopien angeboten werden, überwachen. Auch wenn viele Raubkopierer auf Grund ihres Alters noch nicht strafmündig sind, so können die Rechteinhaber doch trotzdem ihre Forderungen einklagen, notfalls bei den Eltern. "Das trifft meist empfindlicher", sagt Hahn. (Björn Brodersen, gms) / (daa)