Microsoft und Amazon: Mitarbeiter gegen Unterstützung von Militär und Polizei

Mitarbeiter von Microsoft und Amazon zeigen Flagge. Sie wollen nicht an Militärprojekten oder Systemen zur Massenüberwachung beteiligt sein.

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Mitarbeiter von Microsoft und Amazon kritisieren Beteiligung an Militär- und Polizeiprojekten

Das Pentagon 2008.

(Bild: David B. Gleason (CC BY-SA 2.0))

Lesezeit: 4 Min.

Mitarbeiter von Microsoft und Amazon haben sich auf dem US-Blog Medium anonym gegen eine Beteiligung ihrer Unternehmen an Militär- und Polizeiprojekten ausgesprochen. Microsoft-Mitarbeiter kritisieren in einem öffentlichen Brief, dass ihr Unternehmen an der 10 Milliarden schweren Ausschreibung zum Betrieb des Cloud-Systems Joint Enterprise Defense Infrastructure (Jedi) für das US-Verteidigungsministeriums teilnimmt. Angestellte des Unternehmens würden so ungewollt an dem Aufbau eines Systems mitwirken, dass die "Tödlichkeit" des Pentagons erhöhen solle. Ein Amazon-Mitarbeiter kritisierte den Verkauf von Amazons Live-Gesichtserkennung Rekognition zur polizeilichen Überwachung in Städten und damit den Aufbau eines Systems zur Massenüberwachung.

Die Autoren der Briefe fordern ihre Unternehmen dazu auf, ethischer zu handeln und eine Beteiligung an solchen Projekten in Zukunft auszuschließen.

Die Kritik der Microsoft-Mitarbeiter bezieht sich auf eine Aussage des verantwortlichen Jedi-Projektleiters John H. Gibson II, dass das Jedi-Projekt dazu diene, die "Tödlichkeit der Behörde" zu erhöhen. Viele Microsoft-Mitarbeiter hätten jedoch ihre Arbeit bei Microsoft in der Hoffnung aufgenommen, "jedem Menschen auf dem Planeten mehr Möglichkeiten zu geben", nicht aber daran mitzuwirken, deren Leben zu beenden. Deshalb müsse sich Microsoft Ethik-Regeln zur Beteiligung an KI-Projekten geben, ähnlich wie es Google auf Druck der Mitarbeiter im Umfeld des Ausstiegs aus dem Militär-Drohnenprojekt Maven getan hatte. Google hatte unter anderem aufgrund dieser Regeln kein Gebot auf die Ausschreibung zum Jedi-Projekt abgegeben.

Zusätzlich verweisen die Microsoft-Mitarbeiter auf ihren Protest gegen die Teilnahme Microsofts an der von US-Präsident Donald Trump im Frühjahr angeordneten der Grenzüberwachung durch die Immigration and Customs Enforcement (ICE), bei der auch Microsofts Cloud-Computing-Plattform Azure zum Einsatz gekommen sein soll. Zu den Maßnahmen gehörte es, bei illegalen Einwanderungen Kinder von ihren Eltern zu trenne. Auf öffentlichen Druck nahm Trump die Anordnung wieder zurück.

Neben der Aufstellung von KI-Ethik-Regeln fordern die Mitarbeiter von Microsoft, das Gebot zum Jedi-Projekt zurückzuziehen.

Ähnlich sieht es ein einzelner Amazon-Mitarbeiter, der im Namen weiterer Mitarbeiter in seinem Beitrag bei Medium sein Unternehmen dazu auffordert, Amazons Live-Gesichtserkennungssoftware Rekognition nicht mehr Polizei- und Regierungsbehörden zum Kauf anzubieten. Rekognition ermögliche die Massenüberwachung durch die Regierung und verletze Bürgerrechte, schreibt er. Außerdem könne nicht kontrolliert werden, ob Käufer das System rechtskonform einsetzen würden. Rekognition arbeite unzuverlässig und würde bei der Überwachung nicht nur auf Straftäter, sondern auch auf Unschuldige anschlagen. Das habe ein Test der Gesichtserkennungssoftware durch US-Bürgerrechtler der American Civil Liberties Union (ACLU) ergeben. Der Verkauf von Rekognition stehe deshalb gegen die Werte des Unternehmens Amazon. Das Unternehmen habe die Wahl zwischen Profit oder den Menschen. Beides gleichzeitig sei nicht möglich.

Dem Amazon-Mitarbeiter zufolge hätten 450 Mitarbeiter von Amazon bereits vor Wochen einen offenen Brief an Amazon-Chef Jeff Bezos geschrieben und darum gebeten, die Gesichtserkennungssoftware Rekognition nicht weiter an Polizei- und Regierungsbehörden zu vertreiben. Außerdem habe man dazu aufgefordert, Palantir, das Unternehmen, das einen Großteil des Abschiebeprogramms der ICE betreibt, von Amazons Web Services zu verbannen. Eine Reaktion von Bezos hätte es auf den Brief allerdings nicht gegeben.

Wie das US-Tech-Magazin The Verge berichtet, hätte Bezos kürzlich auf dem Wired25-Festival gesagt, dass es zu den Aufgaben eines Geschäftsführers dazugehöre, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen, wie beispielsweise die Zusammenarbeit mit dem Militär.

Nach Angaben von Medium seien die anonymen Schreiber verifiziert und als Mitarbeiter von Microsoft und Amazon identifiziert worden. (olb)