Ärger mit dem Raspberry Pi Power over Ethernet HAT

Der PoE-HAT weist erhebliche Probleme auf, sobald am USB-Port des Raspis Geräte angeschlossen werden. Die Raspberry Pi Foundation plant ein Nachfolgemodell.

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Raspberry Pi PoE HAT

Unterseite des Raspberry Pi PoE HAT

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Florian Schäffer

Die bereits im August angekündigte Erweiterungsplatine der Raspberry Pi Foundation bereitet Probleme mit der Spannungsversorgung, sobald ein Gerät mit etwas mehr Strombedarf über einen der auf dem Raspi integrierten USB-Ports angeschlossen wird. Der PoE-HAT (Hardware Attached on Top) kann ausschließlich auf den Raspberry Pi 3 Model B+ (ab 38,29 €) aufgesteckt werden, um diesen über ein Ethernet-Netzwerkkabel mit bis zu 2,5 A Strom zu versorgen und so auf ein externes Netzteil zu verzichten – vorausgesetzt, das Netzwerk stellt die erforderlichen ca. 48 V zur Verfügung. Die PoE-Verbindung zwischen Raspi-Platine und HAT erfolgt über eine zusätzlich vorhandene vierpolige Stiftleiste hinter der äußeren USB-Buchse.

Bereits seit Anfang an diskutieren Anwender darüber, dass der Raspi mit dem Abschalten der USB-Ports und Fehlern in den Protokolldateien reagiert, sobald etwas anderes als eine Maus oder Tastatur angeschlossen wird (beispielsweise eine externe Festplatte ohne zusätzliches Netzteil). Die Fehler- und Ursachenforschung zeigt, dass es sich wohl um einen Designfehler bei der Platine handelt und es zu Stromspitzen kommt, die auch von der Auslastung der CPU abhängen. Wir konnten das Phänomen ebenfalls reproduzieren, wie ein Blick in die Logdatei /var/log/messages zeigt:

raspberrypi kernel: [ 1172.231551] usb 1-1.2: new low-speed USB device number 37 using dwc_otg
raspberrypi kernel: [ 1177.531555] usb 1-1.2: new low-speed USB device number 38 using dwc_otg
raspberrypi kernel: [ 1182.711631] usb 1-1-port2: attempt power cycle
raspberrypi kernel: [ 1183.318258] usb 1-1.1-port2: over-current change
raspberrypi kernel: [ 1183.551701] usb 1-1.1-port3: over-current change
raspberrypi kernel: [ 1184.341875] usb 1-1-port3: over-current change
raspberrypi kernel: [ 1184.581621] usb 1-1.3: USB disconnect, device number 36
raspberrypi kernel: [ 1184.582754] usb 1-1-port4: over-current change
raspberrypi kernel: [ 1184.821759] usb 1-1-port2: over-current change
raspberrypi kernel: [ 1184.854299] usb 1-1.1-port2: over-current change
raspberrypi kernel: [ 1185.091670] usb 1-1.1-port3: over-current change
raspberrypi kernel: [ 1185.361555] usb 1-1.2: new low-speed USB device number 40 using dwc_otg
raspberrypi kernel: [ 1190.043336] usb 1-1.2: New USB device found, idVendor=045e, idProduct=0084
raspberrypi kernel: [ 1190.043349] usb 1-1.2: New USB device strings: Mfr=1, Product=2, SerialNumber=0
raspberrypi kernel: [ 1190.043792] usb 1-1.2: no configuration chosen from 0 choices
raspberrypi kernel: [ 1190.043802] usb 1-1.2: No support over 500mA
raspberrypi kernel: [ 1190.044076] usb 1-1-port3: over-current change

Sobald eine kleine Last am USB-Port angeschlossen ist, wird der Port deaktiviert und wieder aktiviert, was dazu führt, dass die angeschlossene Maus und Tastatur wieder verfügbar sind. Mit unseren elektronisch einstellbaren Lasten konnten wir im Labor leider nicht weit genug nach unten gehen, um die genaue Grenze auszuloten, aber es sind deutlich unter 100 mA, die verfügbar sind.

Lösungsansätze im Internet sehen vor, zusätzlich Widerstände, Kondensatoren und Induktivitäten zu verbauen, was aber keine zuverlässige Lösung bringt. Die Mitte September bereits angekündigten Workarounds hat die Foundation allerdings bisher nicht publiziert und lässt die Kunden damit etwas im Regen stehen, bietet aber immerhin eine Rücknahme an, wenn man direkt beim Hersteller gekauft hat. Allgemein ist die Kommunikation eher als zurückhaltend zu bezeichnen. Stattdessen wurde bereits ein Nachfolgemodell angekündigt, das die gleichen Eckdaten aufweist, aber noch nicht erhältlich ist und, wie wir unter der Hand erfahren haben, wohl auch nicht mehr in diesem Jahr sein wird.

Mehr Infos

Wer seinen Raspi mit PoE-Versorgung betreiben will, braucht sowohl eine Einspeisung (Injektor genannt), als auch einen Ausgang, der normgerecht ist und genügend Leistung bereitstellen kann. Der Raspi benötigt mindestens 2,0 A - besser sind 2,5 A.

Der IEEE-Standard 802.3af sieht eine maximale Leistung von 15,4 W vor und 802.3at von 25,5 W. Die maximale Stromaufnahme der Endgeräte ist auf 350 mA bzw. 600 mA (802.3at) beschränkt.

Für das vom Raspi Pi 3 Model B+ unterstützte Gigabit-Ethernet werden vier Paare Datenleitungen benötigt, weshalb nur Geräte mit standardisiere PoE-Kabelbelegung erlaubt sind und nicht welche mit Spare-Pair-Speisung (Mode B).

Als Alternative bietet sich ein aktiver Ethernet PoE-Splitter mit Micro-USB-Anschluss an, der dann auch universell an jedem Raspberry-Modell genutzt werden kann. Bei solchen Geräten wird die Spannungsversorgung aus dem Ethernet-Kabel auf 5 V konvertiert und steht an der Micro-USB-Buchse bereit, die an den normalen Spannungseingang des Raspis gesteckt wird. Das zusätzliche Netzwerkkabelstück wird in die Ethernetbuchse des Raspi gesteckt, um die Datenverbindung herzustellen. Achten Sie darauf, dass der Splitter auch genügend Leistung bei 5 V am Ausgang bereitstellt (wie beispielsweise der PoE+ Splitter 560443 von Intellinet).

[Update, 24.1.2018] Die Raspberry Pi Foundation hat bei der Fehlersuche herausgefunden, wo das Problem auftritt und eine Lösung entwickelt. Ein LC-Filter glättet die Ausgangsspannung und verhindert damit Abstürze. Eine extra entwickelte Aufsatz-Platine wird bei den Rückläufern durch den Hersteller eingelötet. (fls)