Im ersten Deutschen Telefon-Museum stehen die Telefone kaum still

Im ersten Deutschen Telefon-Museum schellen unablässig Apparate aller Altersklassen bis hin zu Geräten aus den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts.

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Von
  • Ulf Mauder
  • dpa

Bei Siegfried Warth in Morbach im Hunsrück stehen die Telefone kaum still. Im ersten Deutschen Telefon-Museum schellen unablässig Apparate aller Altersklassen bis hin zu Geräten aus den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts. Mit 1300 Exponaten von den Anfängen des Telefons 1876 bis heute hat der 45-jährige Warth sogar einen Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde geschafft. Seit der Eröffnung im März wählten in der ehemaligen Landwirtschaftsschule der Gemeinde Morbach (Kreis Bernkastel-Wittlich) pro Monat mehr als 1000 Besucher die eine oder andere Verbindung innerhalb des Hauses, um die alte Technik zu erproben.

Getragen wird das Museum von der Stiftung Deutsches Telefon-Museum, das Warth zusammen mit der Gemeinde gegründet hatte. Er und sein Vater haben die Ausstellungsstücke gesammelt. "Dass alles zum Anfassen ist und vieles funktioniert, übertrifft meine Erwartungen", sagt Besucher Dieter Arbenz aus München begeistert. Die meisten Apparate haben eine Nummer. Besucher können direkt einen Anschluss wählen oder sich zu einem "Fräulein vom Amt" unterhalten. Was heutzutage als Besetztzeichen bekannt ist, war vor 80 Jahren noch ein Freiton, erklärt Warth vor Besuchern. Warth, selbst gelernter Fernmeldemechaniker, erörtert gerne auch die verschiedenen Techniken.

Aus Büchern hat er sich das Wissen zusammengelesen. "Die technischen Anleitungen helfen mir, kaputte Geräte zu reparieren", erzählt Warth. 16 000 Bände, darunter auch alte Telefonbücher, umfasst seine Bibliothek. Einige sollen als Kopie künftig auch im Museum stehen und als CD-Rom für Interessenten bestellbar sein. In den noch freien Räumen des großen Hauses in der Jugendherbergsstraße will der Sammler auch noch Nebenstellentechnik aus den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg bis zum Ende der staatlichen Post ausstellen.

Warth arbeitet nach mehreren Schlaganfällen auf 630-Mark-Basis und wird von seiner Frau und den vier Kindern unterstützt. Im Hause der Familie in Birkenfeld türmen sich noch immer Schätze vergangener Zeiten. 1986 hatte Warth die Sammlung seines Vaters übernommen. Acht Jahre später bestätigt das Guinness Buch der Rekorde: Die auf Fernsprechwesen und Telegrafie in Deutschland ausgerichtete Ausstellung ist einzigartig.

Die Zahl der Telefonsammler in Deutschland schätzt Warth auf 240, etwa 20 davon hätten eine ernst zu nehmende Sammlung, aber meist nur mit Technik bis 1928. Exponate fänden sich ansonsten vereinzelt bei der Museumsstiftung Deutsche Telekom und in anderen Technikmuseen.

Auf historischen Fotos, in Sälen mit chronologisch geordneten Ausstellungsstücken und in einem Filmsaal zieht in Morbach die Entwicklung der Telekommunikation am Betrachter vorüber. Erinnert wird an den Belgier Charles Boursielles (1829-1912) und an den deutschen Lehrer Johann Philipp Reis (1833-1874), die Vorarbeiten leisteten. Erst dem Schotten und Taubstummen-Lehrer Alexander Graham Bell (1847-1922) gelang 1876 die Erfindung eines kommerziell und allgemein brauchbaren Telefons. "Werner von Siemens entwickelte das Telefon weiter. 1878 begann mit dem Hörer gerader Form (Hantel) der Siegeszug des Telefons in Deutschland", sagt Warth, der selbst solche Nostalgieobjekte und viele der späteren Bakelit-Telefone besitzt.

Besonders stolz ist Warth auf alte Vermittlungseinrichtungen, auf ein Siemens Hell Fax von 1956 und auf das erste Farbbildtelefon aus den 70er Jahren, das nur mit Videostandleitung funktionierte, bis 1994 im Bundeskanzleramt flimmerte und immerhin 450.000 Mark (rund 230.000 Euro) gekostet hatte. Viele Raritäten erwarb er auch nach dem Ende der DDR. An den Museumswänden hängen alte Münzer, Holzaparrate mit Anrufpfeife und -trompete, Gruben- und Bergtelefone. Selbst eine Freileitung und eine Baustelle für Kabelarbeiten hat Warth nachgestellt. (Ulf Mauder, dpa) / ()