Mit Blockchain, Charme und Token

Anlageberatung mal anders: Wie man 14 elektrische Stühle in Finanzpartikel verwandelt.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Peter Glaser

Eleesa Dadiani ist Kunsthändlerin und Krypto-Ökonomin. Ihre 2014 gegründete Galerie Dadiani Fine Art ist in der Cork Street ansässig, einem von traditionsreichen Kunstgalerien bevölkerten Areal im Londoner Stadtteil Mayfair.

In den Räumlichkeiten eröffnete die amerikanische Kunstsammlerin Peggy Guggenheim 1938 ihre erste Galerie für moderne Kunst, die Guggenheim Jeune. Dadiani, die zwischen Aserbaidschan, der Schweiz, Russland und Wales aufwuchs, ehe sie 2009 nach London zog, handelt nicht nur mit russischen Meistern und zeitgenössischer Kunst. Als erste Galerie weltweit akzeptiert sie seit 2017 auch Kryptowährungen als Zahlungsmittel beim Kauf von Kunstwerken – was zur Ausgründung des Beratungsunternehmens Dadiani Syndicate führte, dem sie als Digital Wealth Consultant vorsteht, als Beraterin für digitalen Reichtum. Dadiani Syndicate hilft HNWs (High Net Worths, Hochvermögenden), die Luxusgüter wie Schmuck, Rassepferde, Yachten, Immobilien oder eben Kunst mit Kryptowährungen bezahlen wollen, ihre digitalen Assets in handfestes Kapital umzuwandeln.

Letztes Jahr verhalfen ihre Dienste angeblich einem chinesischen Milliardär und Kryptogeld-Fan dazu, vier altgediente Formel-1-Rennwagen im Wert von umgerechnet 4,5 Millionen Euro mit der Kryptowährung Litecoin zu erwerben. Die Geschichte ist schwer zu überprüfen, weil Dadiani die Privatsphäre ihrer Kunden sorgfältig hütet und auch zurückhaltend mit Auskünften dazu ist, wie ihr Business genau funktioniert. Sie betont aber, dass sie bei einer Steuerprüfung nichts zu befürchten habe: "Es ist ein Irrglaube, dass Kryptowährungen eine anonyme Vermögensquelle sind. Die Wallets, die Adressen und jede Geldbewegung sind durch die Blockchain und andere Mittel nachvollziehbar." Während die Klienten öffentlich anonym bleiben können, kennt sie ihre Identität. Ihre Kontrollen seien sehr streng, um sicherzustellen, dass die Herkunft der Mittel legitim ist. "Man sollte immer daran denken, dass Geldwäscher Dollar, Pfund und Euro ebenso lieben wie Kryptowährungen."

Auch wenn sie aus wohlhabenden Verhältnissen stammt, besteht sie darauf, dass sie ihr eigenes Geld verdient. Nachdem sie sich anhand von Videos Bauchtanz beigebracht hatte, begann sie mit 17 als Tanzlehrerin. Ohne Ausbildung und ohne Abschluss sei sie ständig auf der Suche nach neuen Möglichkeiten gewesen und so auch früh mit Kryptowährungen wie Bitcoin in Berührung gekommen. Nun hat sie sich auf den Kunstmarkt begeben, wo sie an einem ehrgeizigen Projekt arbeitet: mit Hilfe der Blockchain-Technologie den weltgrößten Tokenised Art Fund zu errichten.

Das erste Experiment auf dem Gebiet – Dadiani hat ein Talent für Publicity-Stunts – war die Auktion von Anteilen an dem Gemälde 14 Small Electric Chairs, das Andy Warhol 1980 geschaffen hat. Für die Versteigerung wurde das Bild tokenisiert, also in digitale Anteile umgewandelt, die mithilfe einer Blockchain verwaltet werden, auf der die Kryptowährung Ethereum basiert. Dadurch wird es möglich, auch in kleinerem Umfang in hochpreisige Kunstwerke zu investieren.

Die Auktion fand im Rahmen des Starts einer Beta-Version von Maecenas statt, einer gleichfalls auf Blockchain basierenden holländischen Plattform für Kunstinvestitionen. Deren Name lehnt sich an Gaius Maecenas an, der im alten Rom als Förderer der Künste hervortrat und dessen Namen als Mäzen zum Gattungsbegriff wurde. Maecenas bietet eine eigene Kryptowährung an, den ART Token. "Kryptowährungen werden den Markt erweitern und eine neue Art von Käufern an Kunst heranführen", prognostiziert Dadiani. Maecaenas-Geschäftsführer Marcelo Garcia Casil spricht von einer Demokratisierung des Kunstmarkts. Die Technologie habe das Potential, den Markt radikal zu verändern.

Mehr als 800 Interessierte ließen sich als Teilnehmer für die Auktion registrieren, die schließlich rund 1,5 Millionen Euro für 31,5 Prozent des Warhol-Gemäldes erbrachte. Nach diesem Testlauf hofft Dadiani darauf, dass Kunst in Zukunft zu einer ebenso einfach handelbaren Ware wird wie Aktien.

(bsc)