Daten oder Sprache - die Kosten des Mobiltelefonierens
Mobiltelefonieren ist heute Alltag - aber die wenigsten sind bereit, fĂĽr die neuen Datendienste noch mehr Geld auszugeben.
Wir haben uns daran gewöhnt: melodische Klingeltöne in der Bahn, im Wartezimmer beim Arzt oder im Restaurant. Das versetzt uns nicht mehr in Erstaunen, die Art der Gesprächsthemen allerdings schon: "Ich sitz' im Bus, bin gleich zu Hause, setz' schon mal den Kaffee auf", hören wir beispielsweise. Der subjektive Eindruck trügt nicht: Die Statistik beweist, dass das Handy eher selten zur Weitergabe geschäftlicher oder sehr dringender Nachrichten verwendet wird. Nach einer Studie des Stern nutzen rund 80 Prozent das Gerät nur privat – ein Spaß, den sich die Deutschen einiges kosten lassen.
Mehr als die Hälfte der Deutschen hat ein Handy. Rund 50 Millionen Bundesbürger sind derzeit mobil erreichbar, so die Zahlen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie in Berlin. Damit ist die Zahl der Festnetzanschlüsse deutlich überschritten. Mobil zu telefonieren ist heute Alltag und gleichzeitig ein Luxus, den sich etliche Kunden offenbar gar nicht leisten können: Rund 1,5 Millionen Handy-Nutzer zahlten im vergangenen Jahr ihre Rechnung nicht. Die Mobilfunkgesellschaften mussten deshalb rund 750 Millionen Mark fällige Gebühren – durchschnittlich 3,5 Prozent ihres Umsatzes – abschreiben.
In den D-Netzen zahlt jeder Handy-Kunde im Schnitt 78 Mark pro Monat. In den E-Netzen liege die Monatsrechnung bei 65 Mark, so die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post in Bonn. Dabei ist die Spannbreite der Tarife groß: Die Kosten für ein Gespräch betragen zwischen 15 Pfennig pro Minute in der "Nebenzeit" – bei Telefonaten vom Handy ins Festnetz – bis hin zu 1,99 Mark in der "Hauptzeit" – für Gespräche in das Netz eines anderen Mobilfunkanbieters. Noch nicht eingerechnet sind die monatlichen Grundgebühren zwischen zehn Mark und 270 Mark für Vieltelefonierer.
Großen Anteil am Umsatz der Mobilfunkanbieter haben nach Angaben des T-Mobil-Pressesprechers Philipp Schindera die Kurznachrichten per SMS. Das Abrechnungsproblem, dass die Mobilfunkfunkgesellschaften einige Zeit beschäftigte, scheint mittlerweile gelöst zu sein. Nur noch selten laufen bei Besitzern einer Prepaid-Karte Schulden auf, weil der Anbieter die SMS nicht zeitgleich abgerechnet hat, sagt Peter Knaack, Telekommunikationsexperte der Stiftung Warentest in Berlin. Je nach Tarif müssen für den netzinternen Versand einer SMS oder einer E-Mail über das Handy zwischen 15 und 39 Pfennig bezahlt werden, netzextern werden zwischen 20 und 59 Pfennig berechnet.
Mit neuen Standards und schnellerer DatenĂĽbertragung sollen den Handy-Telefonierern kĂĽnftig weitere Dienstleistungen wie verbessertes mobiles Internet oder gar die Ăśbertragung von Filmen angeboten werden. Als Mobilfunkstandard der Zukunft steht UMTS schon fest, wenn es nach dem Willen der Telefongesellschaften geht. Derzeit in der MarkteinfĂĽhrung begriffen ist GPRS.
Zum Telefonieren allein braucht es kein GPRS, aber auf Internet-basierte Dienste soll mit Hilfe des neuen Standards zugegriffen werden. "Allerdings ist es viel zu teuer, über GPRS ins Internet zu gehen", sagt Peter Knaack. Zwar wird nicht nach Verbindungszeit abgerechnet, sondern nach übertragener Datenmenge. Doch auch das kann teuer werden: Die Kosten für die Übertragung liegen je nach gewähltem Tarifmodell zwischen 19 und 69 Pfennigen pro zehn Kilobyte.
"Diese Datenmenge ist bei einem etwas aufwendigeren WAP-Dienst schon mit dem Abruf einer einzigen Seite erreicht", sagt Knaack. Hinzu kommen zusätzliche Grundgebühren von bis zu 20 Mark monatlich oder je nach Anbieter eine Tagespauschale von rund 50 Pfennig. Um diese Kosten beim Kunden durchzusetzen, fehlt es Knaack zufolge noch an einer "Killerapplikation" – einem Service, den alle unbedingt haben wollen.
Etwas zuversichtlicher ist man beim größten deutschen Mobilfunkanbieter T-Mobil in Bonn: "Bei der Einführung von SMS im Jahr 1994 wurden wir auch belächelt. Und im vergangenen Jahr wurden bei uns 5,5 Milliarden Kurznachrichten verschickt", sagt Sprecher Schindera. T-Mobil geht davon aus, dass die Deutschen in wenigen Jahren monatlich durchschnittlich rund 120 Mark fürs Mobiltelefonieren ausgeben werden.
So hohe Erwartungen lassen sich zumindest durch die Stern-Studie nicht rechtfertigen: Zwar bekundet jeder zweite Handy-Nutzer Interesse an neuen Mobilfunkstandards wie GPRS oder UMTS. Mehr Geld möchte dagegen kaum jemand für die damit verbundenen neuen Services zahlen. Nur neun Prozent würden mehr als 20 Mark zusätzlich im Monat ausgeben; 17 Prozent akzeptieren zusätzliche Ausgaben von bis zu 20 Mark. Der überwiegenden Mehrheit der Befragten – 74 Prozent – wäre UMTS und GPRS keine zusätzlichen Ausgaben wert.
Es gibt derzeit noch keine Anwendungen, die die schnellere, aber auch teurere Übertragung über GPRS oder UMTS rechtfertigen, sagt Knaack. Zumindest gelte das für Privatkunden. Sinnvoll sind die neuen Standards Knaack zufolge vor allem für den geschäftlichen Bereich: "Zum Beispiel könnten Außendienstmitarbeiter ihre Daten unterwegs pflegen und ans Unternehmen schicken." T-Mobil-Sprecher Schindera hingegen geht davon aus, dass UMTS und GPRS für alle Verbraucher bezahlbar sein werden – nicht nur für die Profis. (Sven Appel, gms) / (jk)