Post aus Japan: Wie Roboter Arbeit schaffen

Ein Projekt in Tokio probiert aus, wie Automaten bettlägerigen Patienten die Teilnahme am Arbeitsleben erlauben können.

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Post aus Japan: Wie Roboter Arbeit schaffen

(Bild: DAWN-Projekt)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Martin Kölling
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Überall auf der Welt befürchten viele Menschen, dass Roboter und künstliche Intelligenz ihre Arbeit übernehmen. Ein Projekt in Japan zeigt nun einen Weg auf, wie sich Maschinen für Menschen als Jobbeschaffer nützlich machen können, die bisher nicht am Arbeitsleben teilhaben konnten. Gestatten: Das mit Robotern bemannte DAWN Café.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

DAWN steht für Diverse Avatar Working Network. Und das Projekt hat ein Ziel: Es will bettlägerigen Menschen erlauben, einen Servierroboter (Avatar) fernzusteuern und so Kunden zu bedienen. Selbst Patienten mit der Nervenkrankheit amyotropher Lateralsklerose (ALS), die nur noch die Augen bewegen können, sollen das System bedienen können.

In einem Video demonstrieren die Initiatoren vorab, wie der Arbeitsplatz aussehen könnte. Das System besteht dabei bettseitig aus einem Terminal für die Fernbedienung des Roboters und einem OriHime D, einem 120 großen, zweiarmigen Roboter von Ory (oder Ori Labs). Der Roboter sieht dabei wie eine vergrößerte Version des Ur-OriHime aus, einem etwa 30 Zentimeter hohem Wesen, das als schlichte animierte Kommunikationsschnittstelle zwischen Senioren und ihren Kindern oder Kindeskindern dient.

Aber die Entwickler haben ihn nicht nur vergrößert, sondern auch deutlich mehr Motorik eingebaut. Es kann sich nun auf Rollen bewegen. Außerdem wurden die zwei flügelähnlichen Stummelärmchen des Erstprodukts durch zwei Arme mit Greifern ersetzt. So kann der Roboter nun auch – fernbedient über das Internet – auf einem Tablet Kaffee und Kuchen bringen und servieren. Kamera, Mikrofon und Lautsprecher geben dem Roboter drei weitere Sinne.

Doch OriHime D ist mehr als nur ein Arbeiter. Er kann auch als räumliche Verlängerung des Ichs in anderen sozialen Situationen eingesetzt werden: dem Schulbesuch, Abschlussfeiern … der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Und das hehre Ziel der Gründer dabei ist, Menschen durch Roboter aus der Isolation zu befreien.

Alleinlebende Senioren sind dabei längst nicht die einzige Zielgruppe der Gründer. Kranke Kinder gehören dazu – oder eben ALS-Patienten, die nur noch ihre Augen bewegen können. Für die haben die Ingenieure die Augensteuerung OriHime Eye entwickelt, mit der Patienten von einem Bildschirm Buchstaben oder in Japan Zeichen der Silbenschrift Hiragana durch einen Augenblick aussuchen und so Wörter und Sätze formulieren oder dem Roboter Befehle erteilen können.

Zwar sind weder die Idee der Augensteuerung noch des Einsatzes Robotern oder anderen Technologien als persönliche Avatare neu.

Der bekannte Grundlagenforscher Hiroshi Ishiguro hat schon vor Jahren seinen Roboterdoppelgänger auf Reisen geschickt und aus der Ferne Vorlesungen gehalten. Aber während sein maschinelles Alter Ego nicht laufen konnte und wegen der Maschinerie schwer transportabel war, lassen Vereinfachung und technischer Fortschritt die Verwirklichung dieses Traums nun näher rücken.

Doch bisher befindet sich das System nur im Versuchsstadium. Das Projekt DAWN Café wird am 26. November im Gebäude der Nippon-Stiftung beginnen und ist auf insgesamt zehn Tage angelegt. Die Initiatoren hoffen, bis zu den olympischen Spielen im Jahr 2020 ein festes Café einrichten zu können – als "Modell für die hochmoderne soziale Inklusion".

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