Klage gegen URL-Redirects auf Neonazi-Sites

Die Justiz muss sich nun mit der Frage auseinander setzen, ob das Redirecting bei rechtsextremen Internetseiten strafbar ist.

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Von
  • Michael Tietz

Die Justiz muss sich nun mit der Frage auseinander setzen, ob das Redirecting, also die Weiterleitung einer URL auf eine andere Web-Adresse, bei rechtsextremen Internetseiten strafbar ist. Die in der Schweiz ansässige Aktion Kinder des Holocaust (AKDH) hat Anzeige gegen den Stuttgarter Anbieter eines solchen Redirectings, de-nic-vu, gestellt.

AKDH ist ein internationaler Zusammenschluss von Nachkommen Überlebender der nationalsozialistischen Judenverfolgung und des antifaschistischen Widerstands sowie deren Angehörige und Freunde. Sie arbeitet mit verschiedenen Organisationen zusammen. Die Gruppe hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Verbreitung von Neonazi-Seiten im Web zu stoppen.

Bei ihren Bemühungen ist die Initiative auf eine Vielzahl rechtsextremer Seiten gestoßen, die der Stuttgarter Domain-Dienstleister unter anderen Namen weitergeleitet hat. Nach Auskunft von AKDH-Sprecher Samuel Althof seien auf den Web-Sites verbotene Bands, Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Propagandamittel sowie volksverhetzende Äußerungen gefunden worden. Die Anzeige habe sich das Unternehmen auch deshalb zuzuschreiben, weil es die Seiten nur sehr zögerlich oder gar nicht sperrte. de-nic-vu vergibt Third Level Domains unterhalb von de.vu, einer Second Level Domain innerhalb der ccTLD von Vanuatu. Die ccTLD-Registry von .vu hat dagegen mit den Redirects nichts zu tun.

Wie die Westfälische Rundschau berichtet, ist die Methode des Redirecting in der rechtsextremen Szene beliebt. Sie erleichtert die Verbreitung der braunen Seiten im Internet. Über die vom Redirector kostenlos bereitgestellte Internetdresse werden Besucher automatisch zu der Stelle geleitet, wo die Seite wirklich liegt – zumeist auf einem Server im Ausland. Das bringt für die Betreiber der Web-Sites die Vorteile, kürzere und leichter zu merkende Adressen zu erhalten sowie die Seiten in Suchmaschinen registrieren lassen zu können.

Währenddessen hat der nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens (SPD) mit Blick auf die drastisch gestiegene Zahl rechtsextremistischer Seiten im Internet eine freiwillige Selbstkontrolle der Internet-Provider gefordert. "Rechtsextremisten legen es mehr und mehr darauf an, ihre Auftritte auf jugendliche Zielgruppen auszurichten." Den digitalen Möglichkeiten des Netzes gingen immer mehr junge Menschen "auf den Leim", so der Minister. Nach Angabe des Düsseldorfer Innenministeriums hat sich die Zahl der deutschsprachigen, rechtsextremistischen Seiten im Internet innerhalb des vergangenen Jahres auf mehr als 1000 verdoppelt. (mti)