Jetzt mal ohne Tier versuchen

Mini-Organe, Organe auf Chip, Computermodelle: Neue Tricks aus dem Labor könnten einen großen Teil aller Tierversuche ersetzen.

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Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Christian Wolf
Inhaltsverzeichnis

Sie sollen Tierleid verringern: Wir haben uns die vielversprechendsten Ansätze angeschaut und nachgeforscht, wie weit sie sind.

Wie wäre es, könnten Forscher Tumore im Labor wachsen lassen? Außerhalb des Körpers, aber trotzdem genau mit den Merkmalen, die die Geschwulste so tödlich für den Menschen machen. Wie wäre es, könnte man diesen künstlichen Krebs mit Medikamenten traktieren, und die entgleisten Zellen würden sterben oder einfach weiterwuchern – und zwar genau so, wie es auch im Körper der Patienten geschehen würde? Die Forscher könnten sich Tierversuche sparen und viel schneller viel bessere Erkenntnisse darüber erhalten, was wirklich wirkt. Denn eine Maus ist nun mal kein Mensch, sodass die Übertragung von Ergebnissen aus Tierstudien auf den Menschen vielfach nicht funktioniert. Nicola Valeri vom Londoner Institute of Cancer Research glaubt, diesen neuen Möglichkeiten mittlerweile recht nahe gekommen zu sein.

Sein Team hat Mini-Tumore wachsen lassen. Die Forscher nutzen aus, dass sich menschliche Zellen unter besonderen Kulturbedingungen zu dreidimensionalen Gebilden zusammenschließen und allmählich organähnliche, millimetergroße Strukturen bilden. Diese sogenannten Organoide stellen etwa Mini-Gehirne oder Mini-Herzen dar – oder eben kleine Krebsgeschwüre. Meist entwickeln sie sich aus Stammzellen. Valeri hingegen griff zu Tumorzellen von Patienten mit Krebserkrankungen des Magen-Darm-Trakts. An den Organoiden erprobten die Wissenschaftler dann Medikamente, die noch in der Erforschung steckten. Dabei stellten sie fest, dass diese vielfach so reagierten, wie es zum jeweiligen genetischen Profil der Tumore passte. Denn Mutationen sind nicht nur Auslöser für das unkontrollierte Wachstum, sie bestimmen auch, wie Betroffene auf Medikamente ansprechen.