Bundesrat fordert anonymisierte soziale Netze und Kennzeichnung von Social Bots

Die Länder machen sich für einen schärferen Kampf gegen Falschnachrichten bei Facebook & Co. stark, zum Schutz der Demokratie.

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Gebäude des Bundesrats in Berlin Au0enansicht

(Bild: pixabay)

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Der Bundesrat betrachtet die "in den letzten Jahren immer wieder aufgetretenen Skandale im Zusammenhang mit der Nutzung digitaler Informationen" insbesondere in sozialen Netzwerken mit Sorge. Er verweist dabei auf den Datenskandal von Facebook und Cambridge Analytica sowie auf den Raum, den "erdichtete oder unzutreffende Informationen" in Social Media einnähmen. Damit würden gesellschaftliche und politische Willensbildungsprozesse teils gezielt beeinflusst.

Auch der Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung werden nach Ansicht der Länderkammer gerade in sozialen Netzwerken verletzt und damit "auch zunehmend demokratische Grundprinzipien in Frage gestellt". Es bestehe daher "dringender Handlungsbedarf", den der Bundesrat auf Antrag von Hessen in einem am Freitag beschlossenen Forderungspaket zu "Transparenz und klaren Regeln auf digitalen Märkten" umreißt.

Die Länder drängen damit darauf, umgehend eine Kennzeichnungspflicht von Social Bots auf Twitter und anderen Online-Plattformen einzuführen. Es müsse für Nutzer "stets erkennbar sein, welche Nachrichten von Menschen und welche von Maschinen kommen", begründet das Gremium seinen Appell. Zuvor hatten die Grünen im Bundestag Meinungsroboter bereits als "Gift für die Demokratie ausgemacht" und eine gesetzliche "Transparenz- und Anzeigepflicht" für deren Einsatz gefordert.

Der eco-Verband der Internetwirtschaft spricht sich allerdings gegen eine Kennzeichnungspflicht für Bots aus, da es sich dabei um Symbolpolitik handle. Es sei nicht klar, welche Ziele die Initiatoren damit verfolgten und welche Effekte sie sich dadurch erhofften. Insbesondere die Programmierer von "Schad-Bots" würden ihre Machwerke sicher nicht kennzeichnen, womit der tatsächliche Effekt dem Providerzusammenschluss zufolge gleich Null sein dürfte.

Der Bundesrat macht sich ferner für eine "stringentere Regulierung, Aufsicht und Kontrolle von Datenplattformen auf Basis nationaler und europäischer Vorschriften" stark, um den Missbrauch großer Markmacht der Online-Giganten zu vermeiden. Er ruft dabei ausdrücklich nach einer Möglichkeit, marktbeherrschende soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder YouTube anonymisiert sowie "besonders datensparsam" nutzen zu können. Im Idealfall verzichteten die Anbieter dabei ganz auf personenbezogene Informationen, was ihrem aktuellen Geschäftsmodell aber komplett entgegenliefe.

Die Datenethikkommission des Bundestags soll zudem prüfen, ob das Sicherheitsniveau für datengetriebene Portale ausreicht und soziale Netzwerke ein "Zulassungsverfahren" analog zu Medienunternehmen unterlaufen könnten. Das Gremium bitten die Länder auch zu untersuchen, "wie nachhaltiger Wettbewerb im Bereich der Datenplattformen angereizt werden kann und ob Vorschriften der Interoperabilität, Kompatibilität sowie Öffnung bislang geschlossener Netzwerke hierbei zielführend sind". Dabei haben sie vor allem die "Portierbarkeit" persönlicher Informationen im Blick.

Die hessische Staatsministerin für Verbraucherschutz, Priska Hinz, unterstrich in der Plenarsitzung, dass "die Schmerzgrenze überschritten ist", wenn der demokratische Prozess durch Machenschaften in sozialen Medien untergraben werde. Wer gegen die allgemeinen Spielregeln verstoße, unterstrich die Grüne, müsse die Rote Karte sehen.

Weiter hat der Bundesrat den Gesetzentwurf passieren lassen, mit dem der Bundestag Steuerbetrug im Online-Handel besser bekämpfen will. Betreiber elektronischer Marktplätze wie Amazon oder eBay haften damit künftig, wenn dortige Händler für die darüber bestellten Waren keine Umsatzsteuer entrichtet haben. Befreien lassen können sie sich davon nur, wenn sie umfangreiche Aufzeichnungspflichten erfüllen oder "steuerunehrliche Händler" ausschließen.

Auf Betreiben von Schleswig-Holstein und vier weitere Länder wird der Bundesrat auch noch einmal den Gesetzantrag in den Bundestag einbringen, womit Freifunk-Initiativen als gemeinnützig anerkannt werden sollen. Damit soll es Betreibern von Community-WLAN einfacher werden, Geld- oder Sachspenden einzuwerben, weil sie dafür steuermindernde Spendenquittungen ausstellen könnten. Ein erster einschlägiger Vorschlag der Länderkammer war im Juni 2017 mit dem Auslaufen der Legislaturperiode gescheitert. Diesmal will der FDP-Netzpolitiker Jimmy Schulz mit einem gesonderten Antrag dafür sorgen, dass die Initiative "schnellstmöglich behandelt wird".

Lkw mit Elektro- oder Gasantrieb sowie land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit von bis zu 40 km/h müssen zudem hierzulande bald keine Maut mehr zahlen. In die Abgaben fließen zudem von Anfang 2018 an die Kosten der Lärmbelastung der betroffenen Fahrzeuge ein. Besonders schwere Lastwagen werden stärker zur Kasse gebeten. Für eine entsprechende Reform des Bundesfernstraßenmautgesetzes haben die Länder grünes Licht gegeben. (bme)