Pokémon Go: Spieler können sich bald direkt bekämpfen

Niantic erweitert die Spielmechanik des Smartphone-Spiels Pokémon Go um PvP-Kämpfe.

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Pokémon Go: Spieler können sich bald direkt bekämpfen
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Von
  • Florian Müssig
Inhaltsverzeichnis

Pokémon-Spiele zeichnen sich seit jeher durch zwei Spielmechaniken aus: Der Spieler sammelt möglichst viele mögliche verschiedene Monster und kämpft mit ihnen gegen die Monster anderer Trainer. Ersteres funktioniert in Pokémon Go seit Anfang an, letzteres war bislang hingegen nur indirekt über Arenakämpfe möglich. In den nächsten Tagen soll sich das ändern: Niantic will einen echten Player-versus-Player-Modus einführen.

Weil Pokémon Go sich anders als die Hauptspiele (auch) an Einsteiger und Casual-Gamer richtet, hat Niantic ein vereinfachtes Kampfsystem entwickelt. Jeder Spieler schickt nur drei statt den sonst üblichen sechs Monster in den Kampf, was die Kämpfe kurz halten soll. Das erinnert ein wenig an den älteren Ableger Pokémon Stadium, doch auch dessen System wurde simplifiziert: Der Spieler wählt pro Kampf fest ein Team von drei Monstern, ohne zu wissen, was der Gegner an den Start bringt. Gewinner ist, wer am Ende noch mindestens ein lebendes Pokémon hat; falls nach Ablauf eines 4-Minuten-Zeitfensters noch kein Kämpfer besiegt wurde, entscheidet die Anzahl der verbliebenen Monster beziehungsweise deren restliche Lebensenergie.

Pokémon Go: Trainer Battles (14 Bilder)

Das PvP-Kampfsystem von Pokémon Go kennt drei Ligen.
(Bild: Niantic)

Um die Kämpfe sowohl für Einsteiger als auch Profis interessant zu gestalten, gibt es drei Ligen, die sich hinsichtlich der zulässigen Pokémon unterscheiden. In der untersten Liga sind Monster bis 1500 WP (Wettkampfpunkte) zulässig, in der mittleren bis 2500 WP und in der höchsten ohne Limit – wobei nur wenige voll ausgelevelte Pokémon über die 4000-WP-Marke kommen. Andere Einschränkungen, etwa hinsichtlich legendärer Pokémon oder Level der sich bekämpfenden Trainer, sind nicht vorgesehen. Ein Herableveln von Monstern, die mehr als die zulässigen WP haben, gibt es nicht; hochgezüchtete Tierchen können also nur in höheren Ligen verwendet werden.

Um einen Gegner zu finden, blendet die App einen QR-Code ein, den der Gegner dann scannt – dafür muss man sich zwangsläufig physisch mit anderen Pokémon-Go-Spielern treffen. Alternativ baut Niantic auf das im Sommer eingeführte Freundschaftssystem auf: Ab der dritten Freundschaftsstufe "Hyperfreunde" kann man Kämpfe bestreiten, ohne dass sich beide Spieler am selben Ort befinden müssen.

Ein Benachrichtigungssystem, über das man sich im Spiel mit Freunden auf einen Kampf zu einer bestimmten Uhrzeit verabreden könnte, ist nicht vorgesehen. Niantic geht davon aus, dass In-Game-Freunde höherer Level sich auch im echten Leben gut genug kennen, um andere Wege der Kommunikation zu haben. Zudem seien die von den Spielergemeinden bevorzugten und etablierten Kommunikationswege von Region zu Region stark unterschiedlich (Facebook, WhatsApp, Telegram, Discord, …) – man wolle da nichts vorschreiben.

Im PvP-Kampfsystem stehen Pokémon zwei Lade-Attacken zur Verfügung.

(Bild: Niantic)

Für die Kämpfe selbst wurde das Kampfsystem überarbeitet. Grundsätzlich hämmert man zwar immer noch permanent auf den Bildschirm ein, doch Lade-Attacken sind anders realisiert: Führt man sie aus, so hat man drei Sekunden Zeit, sie durch besonders schnelles Tippen zusätzlich zu boosten. Der Gegner hat in dieser Zeit die Möglichkeit, ein Schild einzusetzen; pro Kampf stehen allerdings nur zwei Schilde zur Verfügung. Ein seitliches Ausweichen wie in Arena- oder Raid-Kämpfen gibt es hier nicht. Bei Bedarf kann man sein Monster gegen ein anderes aus dem Dreier-Team austauschen; Heilen oder Wiederbeleben während des Kampfs ist nicht vorgesehen.

Eine neue taktische Tiefe ergibt sich durch die Tatsache, dass Pokémon jetzt eine zweite Lade-Attacke erlernen können. Sie stammt aus demselben Attacken-Pool wie die erste Lade-Attacke und kann pro Monster gegen Sternenstaub und Bonbons freigeschaltet werden. In Kämpfen wird sie parallel zur ersten Lade-Attacke aufgeladen; mehrstufige Lade-Attacken können schneller abgefeuert werden als einstufige.

Das verschiebt das Kräfteverhältnis: Sich im Dickicht der 18 Pokémon- und Attackentypen mit etlichen Überempfindlichkeiten und Resistenzen auszukennen ist wichtiger als möglichst hohe WP-Zahl der Exemplare weniger Monster-Arten, die für viele Arena- und Raid-Kämpfe taugen. Dort trifft man schließlich nur eine sehr kleine Teilmenge der Pokémon-Population an: Heitera, Chaneira, Relaxo, Dragoran und Rizeros gehören zur Stammbesetzung vieler Arenen; Wegwerf-Auffüller wie frisch gefangene Taubsis oder Rattfratze sind irrelevant. Einige großgezogene Mewtu, Despotar und Machomei machen da kurzen Prozess; dieselbe Garde taugte zudem als ordentliche Konter für alle Level-5-Raids des letzten halben Jahres.

Wer keine echten Gegner findet, kann auch gegen einen der drei Team-Leader antreten.

(Bild: Niantic)

Spieler können beliebig viele Kämpfe ohne Zusatzkosten bestreiten. Boni gibt es allerdings nur für die ersten drei Kämpfe pro Tag, und zwar in Form von Sternenstaub und seltenen Gegenständen wie etwa die kürzlich eingeführten Sinnoh-Steine, die zur Entwicklung einige Pokémon der vierten Generation benötigt werden. Anders als in den letzten Novemberwochen sind Sinnoh-Steine nicht mehr bei den wöchentlichen Forschungsdurchbrüchen garantiert; sie sollen sich jetzt hauptsächlich über die neuen PvP-Kämpfe beziehen lassen. Sowohl Gewinner als auch Verlierer erhalten Boni – der Sieger freilich etwas mehr.

Wer keine echten Gegner findet oder trainieren will, der kann in allen drei Ligen gegen die drei Team-Anführer Blanche (Team Weisheit, Blau), Candela (Team Wagemut, Rot) und Spark (Team Intuition, Gelb) antreten. Die eigene Team-Zugehörigkeit ist dabei egal. Auch bei diesen Kämpfen gegen KI statt echte Menschen erhält der Spieler Boni, wenn es sich um einen der ersten drei Kämpfe eines Tages handelt.

Niantic will die PvP-Kämpfe in den nächsten Tagen einführen. Wie bei vergangenen neuen Funktionen werden sie schrittweise ausgerollt und direkt am Anfang wohl wieder nur für Level-40-Trainer zur Verfügung stehen. Es wird wie bei anderen Funktionen zudem ein Mindest-Level geben, unterhalb dessen Neueinsteiger in Pokémon Go nicht kämpfen können. Wie schon beim Freundschaftssystem müssen PvP-Teilnehmer zudem über 13 Jahre alt sein.

Im Laufe der Zeit sind Erweiterungen der Kämpfe angedacht. Während der Präsentation des PvP-Systems waren in Konzeptbildern beispielsweise nicht nur 1-gegen-1-Kämpfe, sondern auch 2-gegen-2- und 3-gegen-3-Kämpfe zu sehen. Langfristig soll das neue Kampfsystem auch in Arena- und Raid-Kämpfen eingeführt werden – mit Betonung auf "langfristig": Zunächst wird dort das bisherige System weiterverwendet; alte und neue Spielmechanik existieren also vorerst parallel. (mue)