Kalendertürchen

Robert Moses - Der Weg zur Macht

Robert Moses, der Mann, der New York City errichtete, baute keine Städte für Menschen. Sondern Städte für Menschen in Autos. Damit prägte er das heute Stadtbild von New York. Dabei ging er unglaublich rücksichtslos vor

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Bernd Kirchhahn

Da haben sie schön blöd geschaut, die Reichen und Schönen auf Long Island, als Robert Moses bei ihnen ankam. 1924 wurde er Leiter der Long Island State Park Commission. Seine erste Amtshandlung waren zwei Parkways – autobahnähnliche Stadtstraßen – die er ihnen vor die vornehmen Türen knallte. Und der Jones Beach State Park. Ein gigantisches Schwimmbad samt riesigem Parkplatz, damit die Unterschicht aus der Bronx auch bequem davor parken konnte.

Für Menschen in Autos

Wie man so ein Projekt gegen die Oberschicht durchgesetzt bekommt? Rücksichtslos. So wurde einem Hotelier mit den Worten „Hotel goes next“ eher kurzfristig angekündigt, dass seine Arbeitsgrundlage bald dem Erdboden gleichgemacht werden würde. Moses war der Stadtplaner hinter dem New York, wie es die Leute heute kennen. Er war es, der die Idee umsetzte Städte nicht mehr für Menschen, sondern für Menschen in Autos zu bauen. Und das bedingt radikale Baumaßnahmen.

Die South Bronx wurde zum Elendsviertel

Die radikalste davon war der Cross Bronx Expressway. Eine zehn Kilometer lange Straße, die den Bezirk teilt und das südliche Gebiet zu einem Elendsviertel machte. Für die Straße mussten 1530 Menschen umgesiedelt werden. Moses ging brutal vor. Den Menschen wurden Bruchbuden ohne Strom und Wasser, Junkiehäuser und rattenverseuchte Kellerlöcher angeboten. Zu Wucherpreisen. Wer zwei Wohnungen ablehnte, der bekam gar keine Hilfe mehr.

Eine Bürgerinitiative bildete sich, die eine Verlegung des Projekts um zwei Blocks forderte. So hätten lediglich 19 Menschen umgesiedelt werden müssen. Der Vorschlag wurde abgelehnt. Angeblich auch, weil James Lyons, der Bürgermeister der Bronx, auf der Alternativroute ein Grundstück hatte. Durch die Abriss- und Umsiedlungsproblematik war der Cross Bronx Expressway bei seiner Fertigstellung 1963 mit 250 Millionen Dollar die teuerste Autobahn der Welt.

Dass Moses derartige Projekte überhaupt durchsetzen konnte, ist selbst im Nachhinein nur schwer zu erklären. Moses wurde 1888 in gut betuchten, aber nicht übermäßig reichen Verhältnissen geboren. Er studierte erst in Yale und Oxford und machte dann an der Columbia seinen Doktor in Politikwissenschaften. Er galt als sozial engagiert und eher introvertiert. 1924 folgte, wie erwähnt, sein Sprung nach Long Island. 1933 wurde er Chef des New York City Parks Department und 1946 City Construction Coordinator.

Moses machte sich unverzichtbar ...

Moses hortete Ämter und Verantwortlichkeiten und war schlichtweg unverzichtbar, um eine Stadt wie New York überhaupt am Laufen zu halten. Kam es zu politischem Zwist, bot er seinen Rücktritt an. Aus Angst, er würde seine Drohung wahr machen, lenkten seine Gegner ein.

Die Summe seiner Arbeit waren 1000 Autobahnkilometer und 13 Brücken, deren Maut bis heute eine wichtige Einnahmequelle der Stadt ist. Um all das umzusetzen mussten 500.000 Menschen umgesiedelt werden. Um sich vor denen zu schützen, wechselte Moses häufig sein Büro, die Öffnungszeiten waren undurchsichtig und viele Meetings hielt er im Fond seines Autos ab. Pikantes Detail: Moses selbst besaß keinen Führerschein.

... für einige Zeit

Sein letztes Bauprojekt plante er Ende der 1950er-Jahre – und es sollte das Ende seiner Karriere besiegeln. Über den New Yorker Hafen wollte er eine Hängebrücken bauen. Dafür hätte er Teile Manhattans platt machen müssen. Abrissarbeiten, die kaum aufgefallen wären, weil er zeitgleich noch zwei Expressways durch Manhatten treiben und die Fifth Avenue durch den Washington Square Park verlängern wollte. Im Streit um dieses Projekt bot er 1962 wieder einmal seinen Rücktritt an. Gouverneur Rockefeller nahm an. (fpi)