Kontroverse Anhörung zu Software-Patenten

In der Anhörung des Bundestags-Unterausschusses "Neue Medien" zur Ausdehnung des Patentschutzes auf "Software-Erfindungen" prallten die Meinungen unversöhnlich aufeinander.

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Von
  • Richard Sietmann

In der Anhörung des Bundestags-Unterausschusses "Neue Medien" zur Ausdehnung des Patentschutzes auf "Software-Erfindungen" am Donnerstag Nachmittag prallten die Meinungen unversöhnlich aufeinander. Hintergrund der Anhörungen sind Bestrebungen, die Ausschlussklauseln des Deutschen Patentgesetzes und der Europäischen Patentübereinkunft zu streichen und damit das deutsche und europäische Patentrecht dem amerikanischen anzugleichen, wo Software seit 1994 patentierbar ist.

"Durch die Patentierbarkeit von Software-bezogenen Erfindungen sehen wir keine Gefahr für die Entwicklung von Open Source Software, wenn die strengen Voraussetzungen, die an die Erteilung eines Patents gestellt werden, auch hinsichtlich software-bezogener Erfindungen Beachtung finden und so Trivialpatente vermieden werden", erklärte Kathrin Bremer für den Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und Neue Medien e.V. (BITKOM). "Ähnlich wie das ebenfalls als absoluter Schutz wirkende Urheberrecht kann das Patentrecht den Entwicklern von Open-Source-Programmen ein neues Instrument zur Förderung ihrer Zwecke und zur Lizenzierung nach eigenen Bedingungen an die Hand geben".

Erwartungsgemäß erntete die Verbandsvertreterin mit dieser Ansicht bei der Anhörung im Berliner Reichstagsgebäude heftigen Widerspruch. So wies der Patentprüfer Swen Kiesewetter-Köbinger vom Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in München nüchtern auf die Konsequenzen einer Ausweitung hin: "Ich nehme an, daß dann sogar Privatleute und Wissenschaftler – auch wenn sie durch das Patentrecht nicht betroffen sind – sich aus rechtlicher Unsicherheit nicht mehr trauen, Quellcode zu veröffentlichen". Unklar sei auch, wie angreifbar die OSS-Distributoren und Internet-Provider sein werden, die die Software gewerblich vertreiben. "Fallen aber die Internetprovider und Distributoren als Verbreitungskanal weg, so ist die ganze Open-Source-Gemeinschaft schlagartig ihrer Grundlage beraubt".

Betroffen wären in erster Linie die öffentliche Kommunikation der Programmentwickler via Internet über ihre Arbeiten sowie die Möglichkeit für jeden Interessenten, den Programmcode über das Internet zu beziehen. Denn die Software-Patentierung hätte eine starke Asymmetrie zwischen den Open-Source-Entwicklern und den Herstellern proprietärer Systeme zur Folge. "Durch die systembedingte Quellcode-Offenheit von OSS ist es für einen Konkurrenten relativ einfach, Patentverletzungen bei OSS aufzuspüren und nachzuweisen", erklärte der Daniel Probst vom Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre und Wirtschaftstheorie der Universität Mannheim. "Umgekehrt sind Patentverletzungen bei geschlossener Software schwieriger nachzuweisen".

Und dass diese Asymmetrie nicht nur die unbeabsichtigte Nebenwirkung der an einer Ausdehnung des Patentschutzes interessierten Firmen und Verbände ist, versuchte Rechtswanwalt Jürgen Siepmann vom Linux-Verband e.V. den Ausschußmitgliedern klar zu machen: "Es gibt durchaus Unternehmen, die ein Interesse daran haben, dass Open Source Software verschwindet".(Richard Sietmann) / (wst)