Akku-Forschung: Achtfach höhere Kapazität auf Fluorid-Basis

Bisher ließen sich Akkus auf Fluorid-Ionen-Basis nicht bei Raumtemperatur nutzen, sondern erst ab 150 Grad Celsius aufwärts.

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Akku-Forschung: Achtfach höhere Kapazität auf Fluorid-Basis
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Dusan Zivadinovic

Übliche Akkus für Mobiltelefone, Tablets, Smartwatches Laptops oder Elektro-Autos nutzen Lithium-Ionen als Ladungsträger. Aktuellen Anforderungen werden sie gerade mal so gerecht – gängige Smartphones laufen damit meist nicht mehr als ein bis zwei Tage und spürbar mehr Laufzeit bekommt man nur mit deutlich größerem Akkuvolumen.

Es gibt zwar Ladungsträger mit höherer Kapazität, aber alltagstaugliche Akkus lassen sich damit bisher nicht produzieren. Das trifft zum Beispiel auf Akkus auf Basis von Fluorid-Ionen zu. Sie liefern bei gleicher Größe bis zu achtfache Energiekapazität. Deren Alltagseinsatz kam bisher nicht in Frage, weil man für Fluorid-Ionen (F-Ionen) bisher nur Feststoff-Elektrolyten kannte, die erst ab 150 Grad Celsius genügend Strom abgeben – das ist für die allermeisten Anwendungen unpraktisch.

Nun meldet im Fachblatt Science ein Team aus mehr als zwanzig Forschern rund um Simon C. Jones vom California Institute of Technology und Christopher J. Brooks vom Honda Research Institute einen bemerkenswerten Durchbruch: Sie haben ein flüssiges, leitfähiges Medium gefunden, in dem F-Ionen bei Raumtemperatur zwischen den Elektroden fließen können. Es besteht aus zwei Komponenten: Einem Fluorid-Salz und einem Ether – genauer: Neopentyl-Alkylammonium-Fluorid sowie bis-(2,2,2-Trifluoroethyl)-Äther (BTFE). BTFE ist in diesem Zusammenhang kein Unbekannter: Man kann den Stoff in Lithium-Sulfat-Batterien als Co-Lösungsmittel nutzen.

Das Gemisch aus Fluorid-Salz und BTFE löst große Konzentrationen an Fluorid, leitet das Ion bei Raumtemperatur gut und zersetzt sich auch bei hohen Spannungen nicht. Der entscheidende Trick für den Einsatz dieser Lösung besteht aber darin, den Kupferkern der Elektroden mit Lanthantrifluorid zu beschichten. Andernfalls würde sich der Kupferkern auflösen. Die Beschichtung verhindert den Zerfall des Äthers, ist aber zugleich durchlässig für Fluorid-Ionen. So entsteht beim Laden aus Kupfer das Kupferfluorid und beim Entladen kehrt sich der Vorgang unter Abgabe von Strom um.

Im Labor überstanden erste Test-Zellen sieben Lade- und Entladezyklen. Von alltagstauglichen Akkus erwartet man aber 1000 Zyklen und mehr. Wichtig für die Praxis sind auch Lade- und Entladeraten – bei Energiespeichern, die man von Hoch- auf Raumtemperaturbetrieb umbiegt, ist das ein Knackpunkt. Auch in dieser Hinsicht steckt die Entwicklung des F-Ionen-Akkus noch in den Kinderschuhen. Bis Hochleistungsakkus auf Fluorid-Basis in Smartphones auftauchen, dürften also noch ein paar Jahre ins Land gehen. Bis dahin bleibt zu hoffen, dass Hersteller die höhere Kapazität nicht für noch gefräßigere Mobil-CPUs oder noch dünnere Geräte opfern... (dz)