Dusch nicht so viel

Menschen tun etwas für eine bessere Welt, auch wenn sie keinen unmittelbaren Nutzen daraus ziehen. Zumindest beim Duschen.

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Von
  • Anton Weste

CO2-Fußabdruck, Stromverbrauch, Wasserverbrauch – der Alltag ist voller Aktivitäten, die eine Belastung für die Umwelt bedeuten. Führt man diese den Menschen mit nackten Zahlen direkt bei der Tätigkeit vor Augen, regt sie das zu einem umweltfreundlicheren Verhalten an. Auch ohne direkt erlangten Vorteil, zum Beispiel in Form von Geld.

Das zumindest hat eine in Nature Energy veröffentlichte Studie zum Duschen herausgefunden. Die Forscher statteten die Duschen eines Schweizer Hotels mit verschiedenen digitalen Echtzeitanzeigen aus. Eine Sorte zeigte nur die Wassertemperatur an, die andere den aktuellen Energie- und Wasserverbrauch samt einer Eisbär-Grafik. Je nach Verbrauch befand sich der Eisbär auf dem Eis, auf einer Eisscholle oder war im Ozean untergegangen.

Der Vergleich zeigte: Hotelgäste mit der Verbrauchsanzeige duschten signifikant kürzer. Der Energieverbrauch lag um 11,4 Prozent niedriger als bei Gästen, denen nur die Wassertemperatur angezeigt wurde.

Erfreulich, denn es ist ein generelles Problem von Umweltthemen, dass ihre Auswirkungen den Verursachern oft zu abstrakt sind: Klimawandel? Artensterben? Das ist doch irgendwas in der Zukunft oder in fremden Ländern, stimmt's? Es lohnt sich anscheinend, Einzelaspekte herauszubrechen und sie uns direkt anzeigen lassen. Der allgegenwärtigen Vernetzung und künftigen Verbreitung von Smart Homes sei Dank, sollte das in vielen Bereichen machbar sein. Ein paar Vorschläge:

Der Kühlschrank misst, wie sehr sein Volumen ausgelastet ist und meldet das über eine LED-Ampel. Je mehr drin ist, desto geringer die Energieverluste beim Öffnen der Kühlschranktür. Überhaupt, das Öffnen: Ein Zähler gibt an, wie oft der Kühlschrank pro Tag geöffnet wird, mit wöchentlichen und monatlichen Bestleistungen.

"Wer benutzt die Toilette? Bitte wählen Sie aus." Motivierend auf der Anzeige zu sehen, wieviel Wasser jeder im Haushalt bei der Klospülung verbraucht. Wer rechtzeitig beim Spülen die Wasserspar-Taste betätigt, bekommt zur Belohnung ein Fanfaren-Jingle vorgespielt. Ha, diese Woche bin ich auf dem Top-Platz.

"Schon wieder Fleisch?", mault der Herd und lässt einen roten, traurigen Smiley auf der Herdplatte erscheinen. Da vergeht einem ja fast der Appetit beim Anblick. Aber nur fast. Ok, ja, morgen wieder vegetarisch.

"Hohes Kontingent an Plastikabfall erreicht", sagt die Anzeige auf dem Mülleimer. Die LED springt von Grün auf Gelb. Auch rigoroses Stopfen stimmt ihn nicht um. 700 Gramm pro Woche kommen schneller zusammen, als man denkt.

Prinzipien des Quantified Self und der Gamification für ein größeres Umweltbewusstsein zu nutzen, ist eine gute Sache. Gerne mehr davon. Nur: Die möglichen Nebeneffekte durch möglichen Stress, Frust und sozialen Druck sollte man im Auge behalten. Und bitte jede Form von Verknüpfung der Daten mit Social-Media-Profilen und anschließendem globalem Vergleich bei der Klospülweltmeisterschaft optional halten und nicht als Zwang verwirklichen. Danke.

(anwe)