ABB "goes digital" und verkauft Stromnetzsparte an Hitachi

Das multinationale Schweizer Technologieunternehmen verkauft sein Kerngeschäft Stromnetze nach Japan. ABB will sich auf die digitalen Industrien fokussieren.

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ABB "goes digital" und verkauft Stromnetzsparte an Hitachi
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Von
  • Tom Sperlich

Der japanische Mischkonzern und Konkurrent Hitachi übernimmt 80,1 Prozent der Stromnetz-Sparte des globalen Schweizer Technologiekonzerns ABB. Gerüchteweise wurde schon länger darüber spekuliert, jetzt ist es offiziell: Die ABB-Unternehmensleitung bestätigte den Deal.

Demnach behält ABB vorerst 19,9 Prozent der Anteile am herausgelösten Stromnetze-Geschäft, um einen Übergang sicherzustellen, wie das Unternehmen mitteilte. ABB hat darüber hinaus eine vereinbarte Ausstiegsoption für die restlichen Anteile.

Gleichzeitig organisiert ABB die verbleibenden Sparten neu und richtet sich ausschließlich auf die digitalen Industrien aus. Die erwarteten Verkaufs-Erlöse von 7,6 - 7,8 Milliarden Dollar netto will ABB zu 100 Prozent "zügig und effizient" durch Aktienrückkäufe oder einen vergleichbaren Mechanismus an die Aktionäre ausschütten. Der Abschluss der Transaktion ist für die erste Hälfte des Jahres 2020 geplant.

Der "Power Grids" genannte ABB-Unternehmensbereich gilt als Herzstück des Schweizer Konzernriesen und erwirtschaftet rund ein Drittel des Gesamtumsatzes. Mit rund 36.000 Mitarbeitenden stellt die Sparte ein Viertel aller Angestellten weltweit. Ein Sprecher des Konzerns ließ gegenüber Medien verlauten, dass man nicht mit einem Stellenabbau rechne.

Mit dem größten Bereichsverkauf in der Unternehmensgeschichte verspricht sich ABB eine Vereinfachung des Geschäftsmodells und der Unternehmensstruktur. Der Industrieriese will sich neu aufstellen, gründet dafür auch zwei neue Konzern-Divisionen: Robotik & Fertigungsautomation sowie Antriebstechnik. Die bisherigen sind Elektrifizierung und Industrieautomation.

Jede der vier Divisionen markiere auf dem globalen Markt die erste oder zweite Position, meinte ABB-CEO Ulrich Spiesshofer. Der deutsch-schweizerische Manager, der ABB seit 2013 leitet, gab auch die Auflösung der bestehenden Regional- und Länderstrukturen bekannt.

Früher einmal Weltmarktführer in der Elektrotechnik, will sich der Konzern fokussieren, um "unsere Kunden in einer Welt massiver technologischer Veränderungen und zunehmender Digitalisierung optimal unterstützen zu können", erklärte Spiesshofer. "Die Maßnahmen werden eine neue ABB schaffen, einen auf digitale Industrien fokussierten Technologieführer", sagte der ABB-Chef. Außerdem plant das Unternehmen mittelfristig Kosteneinsparungen von jährlich 500 Millionen Dollar.

Mit dem Verkauf der Stromnetzsparte erhoffen sich die Schweizer nach unbefriedigenden Wachstumszahlen neuen Schub. "Die heutige Ankündigung öffnet ein neues Kapitel in der Geschichte von ABB", erklärte Verwaltungsratspräsident Peter Voser.

Das ursprünglich rein schweizerische Unternehmen aus Baden AG blickt bereits auf eine lange und bewegte Firmengeschichte zurück. Vor bald 130 Jahren gründete Walter Boveri mit seinem Vorgesetzten Charles Brown den Elektrotechnikkonzern Brown, Boveri & Cie (BBC). Die ABB mit Hauptsitz in Zürich entstand Anfang 1988 aus der Fusion der schwedischen Allmänna Svenska Elektriska Aktiebolaget (ASEA) und der BBC zur Asea Brown Boveri (ABB), an der beide Unternehmen 50 Prozent hielten. (jk)