Zahlen, wirklich? Oder: Rechnen mit dem Weihnachtsmann - eine Sonderausgabe von "Zahlen, bitte!"

Einige Kinder haben's schon, anderswo stürzen sie sich gerade auf das, was der Weihnachtsmann gebracht hat. Nerds machen sich ans Rechnen: Wie schafft er das?

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Zahlen, wirklich? Oder: Rechnen mit dem Weihnachtsmann - eine Sonderausgabe von "Zahlen, bitte!"

(Bild: PublicDomainPictures, gemeinfrei)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Detlef Borchers
Inhaltsverzeichnis

Kann es den Weihnachtsmann geben? Auf diese Frage gibt es eine mathematische Antwort und sie endet nach etlichen Berechnungen mit der lakonischen Feststellung: "Wenn der Weihnachtsmann irgendwann einmal die Geschenke gebracht hat, ist er heute tot." Man bräuchte 216.000 Rentiere, um all die Geschenke zu ziehen und käme auf eine Masse von 410.400 Tonnen, die beim Eintritt in die Erdatmosphäre vaporisieren würden.

Zahlen, bitte!

In dieser Rubrik stellen wir immer dienstags verblüffende, beeindruckende, informative und witzige Zahlen aus den Bereichen IT, Wissenschaft, Kunst, Wirtschaft, Politik und natürlich der Mathematik vor.

Diese nüchterne Berechnung ist recht alt und tauchte irgendwann in den 80er Jahren auf rec.humor.funny im Usenet auf. Moderner ist da schon der von Satelliten aufgezeichnete Beweis, dass es den Weihnachtsmann gibt. Diese lustige Geschichte nimmt die Anhänger der Flat Earth-Theorie aufs Korn, die so etwas wie den Nordpol für einen Fake halten. Die einfache Rechnung: Wo kein Nordpol, da kein Weihnachtsmann.

So bleibt im friedlichen Weihnachtsgeschehen nicht die Frage nach einer speziellen Zahl, sondern eigentlich nur noch die Frage zu beantworten, warum Weihnachten für Mathematiker so attraktiv ist. Es gibt Berechnungen für den optimalen Weg, den der Weihnachtsmann nehmen muss, bezogen auf einen Wald-Weihnachtsmann und Berechnungen für einen Welt-Weiten-Weihnachtsmann.

Es gibt Berechnungen zum Schlitten des Weihnachtsmannes und sogar einen kompletten Mathekalender für die Vorweihnachtszeit. Selbst Studierende der Biologie und des Lehramtes Chemie müssen mit dem Weihnachtsmann rechnen.

In der höheren Mathematik belässt man es bei der einfachen Feststellung, dass es Weihnachtsmänner, Nikoläuse und Christkinder samt Wichteln, Rentieren und vielen anderen Figuren gibt und diese mit der 300-fachen Schallgeschwindigkeit durch die Gegend brausen, damit alle Geschenke rechtszeitig unter dem Weihnachtsbaum, in einer großen Socke oder in Schuhen stecken. Diese Vielfalt formalisiert der Mathematiker gekonnt zur Frage, wie man einen Weihnachtsmann fangen kann. Funktionierende Methoden kommen aus der Geometrie, der Topologie oder der Stochastik, doch in ihrer Schönheit und Schlichtheit ist Schrödingers Methode unübertroffen.

Selbst dann, wenn Weihnachten vorbei ist, bleibt der Weihnachtsmann für Mathematiker eine wichtige Bezugsperson, wie diese Geschichte vom vergesslichen Weihnachtsmann zeigt. Textaufgaben dieser Art gibt es in derart vielen Varianten, dass der Chronist verzweifelt "Warum?" ruft.

Eine erste Hypothese wäre, dass der Weihnachtsmann Mathematiker ist, es jedoch nur zum Päckchenverteiler gebracht hat, wenngleich zum elitären Kreis derer gehörend, die jedes Päckchen zum Wunschtermin zustellen können. Eine mathematische Antwort auf diese Frage wäre selbst eine Frage: Warum hat dann der Weihnachtsmann keine Erdös-Zahl?

Das mutmaßliche Geburtsdatum des Weihnachtsmannes liegt zwar irgendwo zwischen 270 und 286 n.Chr, aber bekanntlich ist der Weihnachtsmann wegen der fortlaufend notwendigen Wegoptimierung auch nach dem ersten Aufsatz von Erdös aktiv geblieben. Kinder ziehen aus und irgendwo gibt es Vierlinge, die den stets mit 3,5 Kindern Normalverteilung rechnenden Weihnachtsmann ganz schön aus dem Konzept bringen können.

Natürlich muss konzeptionell berücksichtigt werden, dass der Weihnachtsmann auch eine Frau sein könnte. Schreiben wir lieber WeihnachtsX oder WeihnachtsXmas, das ist größtmöglich inklusiv. Besonders erheiternd ist dabei, dass sich die rechten Spacken von Breitbart darüber empören können, dass ihre Werte tapferer Liefer-Männlichkeit durch den Schornstein gezogen werden.

So bleiben wir am Ende dieses etwas anderem Zahlen-Geplänkels in Amerika, the beautiful, mit dem Verweis, dass der/die/das WeihnachtsX von der ACLU verklagt wurde, wegen der Verletzung der Privatsphäre.

Die Geschlechter-Geschichte bringt uns natürlich zu dem weihnachtlichen Film-Klassiker "Desk Set", der bei uns unter den idiotischen Titel Eine Frau, die alles weiß/kennt in die Kinos kam. Der Film mit Katherine Hepburn als Auskunftei-Chefin und dem IT-Administrator Spencer Tracy ist nicht nur der allererste Film, in dem ein Blinkenlight-Computer namens "Emmy" (für EMERAC, Electromagnetic MEmory and Research Arithmetical Calculator) mitspielt, sondern auch der erste Film, in dem die Vorzüge der künstlichen Intelligenz gezeigt werden. Auf die eingetippte Frage, wie denn die Rentiere des Weihnachtsmannes heißen, kommt blitzschnell die Antwort vom Elektronengehirn: Dasher, Dancer, Prancer, Vixen, Comet, Cupid, Donner, Blitzen und Rudolph!

Später hatte die Datenbank hinter Emmy freilich ein Problem mit den Watusis: Auf die Frage, ob der König der Watusis Auto fährt, wusste Emmy keine Antwort und schmauchte ab, mit einem schnell errechneten Weihnachts-Gedicht als Antwort auf die Frage, wo Korfu liegt.

"Lo, the ponderous tongue is swinging.
'Tis the hour of curfew now,
and the sight has chilled her bosom,
stopped her breath and paled her brow.
Flash her eyes with sudden light,
as she springs and grasps it firmly,
curfew shall not ring tonight!" (jk)