Teslas Riesenakku in Australien macht sich bezahlt

Der größte Lithium-Ionen-Akku der Welt steht in Südaustralien. Dort drückt er den Preis für eine ganz bestimmte Sorte Strom.

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Weiße Kästen

Hunderte Tesla-Powepacks mit Akkus von Samsung SGI stehen 226 Kilometer nördlich von Adelaide.

(Bild: Hornsdale Power Reserve)

Lesezeit: 6 Min.
Inhaltsverzeichnis

Südaustralien ist für sehr hohe Strompreise und großflächige Stromausfälle bekannt. Beides lindert seit gut einem Jahr ein von Tesla gelieferter Riesenakku, der das Kernstück der Hornsdale Power Reserve bildet. Die Anlage dürfte Stromkunden bereits im ersten Jahr viele Millionen Dollar gespart haben. Denn sie kann gerade dann sehr schnell Strom liefern, wen Not am Mann und der Preis extrem hoch ist.

Im Zentrum steht dabei die Regelleistung (auch Reserveleistung genannt). Sie wird gebraucht, wenn die Frequenz im Wechselstromnetz unter ein definiertes Niveau (hier 49,85 Hertz) sinkt. Dann müssen binnen Sekunden neue Stromquellen aktiviert werden, die sonst aber nicht gebraucht werden.

Südaustralien hat gut 1,7 Millionen Einwohner und setzt auf die Energiewende. Inzwischen wird schon etwa die Hälfte des Stroms aus Wind- und Sonnenenergie gewonnen, während kalorische Turbinen außer Betrieb genommen wurden. Nur wenige Anbieter stellten Regelleistung bereit, was zu sehr hohen Preisen führte. In den vergangenen beiden Jahren mussten die Südaustralier dafür annähernd 40 Millionen australische Dollar (25 Millionen Euro) jährlich zahlen.

Mit der Hornsdale Power Reserve der französischen Betreiberfirma Neoen ist ein neuer Wettbewerber in den Markt für Regelleistung eingetreten. Das hat die Marktpreise deutlich gesenkt, wie aus einem Bericht der Beraterfirma Aurecon hervorgeht. Er vergleicht einen Vorfall vom 14. September 2017 (vor Inbetriebnahme des Akkus) mit einem Vorfall vom 14. Januar 2018 (nach Inbetriebnahme). In beiden Fällen musste Regelleistung in erheblichem Ausmaß in das Netz gespeist werden.

Im September 2017 explodierte der Preis dabei auf umgerechnet mehr als 6.000 Euro pro MWh. Den damaligen Durchschnittspreis weist der Bericht nicht aus. Im Januar 2018 habe der Akku den Durchschnittspreis auf 154 Euro pro MWh gedrückt. Das habe in nur fünf Stunden etwa 2,2 Millionen Euro gespart. Exakt lässt sich die Einsparung kaum bestimmen. Die hypothetische Marktdynamik ohne Akku ist nicht bekannt, und der Vergleich mit Vorjahresperioden ist nur eine Orientierungshilfe, da Verbrauchs- und Produktionssituation nie identisch sind.

Für die Hornsdale Power Reserve hat Tesla hunderte PowerPack2 zusammengestellt, deren Akkuzellen allerdings nicht von Tesla sondern von Samsung SDI stammen. Gemeinsam speichern sie bis zu 129 MWh und können 100 MW leisten. Davon sind 70 MW für die Regelleistung reserviert. Über die restlichen 30 MW kann die Betreiberfirma Neoen frei verfügen. Sie verkauft die Leistung dann auf dem allgemeinen Strommarkt, wenn dessen Preise hoch sind.

Während der Akku bei zu geringer Netzfrequenz Strom in das Netz speist, kann er bei zu hoher Netzfrequenz Strom aus dem Netz nehmen, um sich zu laden. Neoen kann also auch die negative Regelleistung anbieten. Das ermöglicht dem Unternehmen, den Akku besonders günstig oder vielleicht sogar zu negativen Preisen zu laden. Nebenan betreibt die Firma noch einen Windpark. Dessen Stromerzeugung kann ebenfalls zum Aufladen der Akkus genutzt werden.

Aus einem Börsenprospekt der Betreiberfirma Neoen geht hervor, dass gespeicherter Strom ihr im ersten Halbjahr 2018 6,7 Millionen Euro Umsatz gebracht hat, davon 6,1 Millionen aus Regelleistungs-Erlösen. Darin dürften aber auch Einnahmen aus anderen Staaten Australiens enthalten sein, in denen Neoen die Regelleistung aus der Hornsdale Power Reserve inzwischen ebenfalls anbietet. Zwei weitere Speicheranlagen, die allerdings nicht mit dem Netz verbunden sind, trugen ebenfalls zu dem Umsatz bei: In Westaustralien unterstützen Solarzellen mit einem 1,4 MWh-Akku eine Mine, in Bulgarien läuft sei März eine Windkraftanlage mit 34 MWh-Akku, um ein großes Gewächshaus zu heizen.

Ob sich die Investition in die Hornsdale Power Reserve für Neoen rechnet, bleibt abzuwarten. An einer Stelle des Börsenprospekts warnt die Firma davor, dass Einnahmen aus Regelleistung nicht vorhersehbar sind. An einer anderen Stelle teilt sie mit, einen Vertrag mit fixen Einnahmen für die Bereitstellung der Regelleistung für zehn Jahre abgeschlossen zu haben. Daraus erwarte sie ein EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) von um die 2,5 Millionen Euro jährlich.

Das wären also 25 Millionen Euro EBITDA über die gesamte Vertragslaufzeit. Gezahlt hat Neoen aber 56 Millionen Euro für die von Tesla gelieferten Samsung-Akkus. Dazu kamen noch Subventionen Südaustraliens. Teslas Garantie währt 15 Jahre. Neoen muss also hoffen, dass nicht zu viele Nachahmer kommen, die mit eigenen Akkus die australischen Spitzenlast- und Regelleistungspreise drücken.

Positiv dürfte sich die zunehmende Verbreitung von Solarzellen auswirken. Beispielsweise aus Kalifornien ist bekannt, dass das zu starken Schwankungen der Börsenpreise für Strom führt. Bei gutem Sonnenschein kann es sogar häufig zu einem Überangebot im Netz und damit negativen Strompreisen kommen. Dann wäre das Akkuladen für den Betreiber wirklich geschenkt.

Der River Torrens in Adelaide, der Hauptstadt Südaustraliens, ist nach dem Ökonomen Robert Torrens benannt. Sein Sohn Robert Richard Torrens war 1857 ein Monat lang Pemierminister Südaustraliens.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Verdunkelt sich der Himmel, steigt der Börsenpreis für Strom rasant an. Nicht zuletzt, weil die tagsüber nicht mehr benötigten Kraftwerke nun in kürzeren Betriebsstunden ihr Geld verdienen müssen. Diese Entwicklung dürfte also die Verdienstchancen der Speicheranlage verbessern.

Außerdem drängt Neoen auf eine Änderung der Regulierung, die nicht auf große Akkus ausgerichtet ist. Dazu gehören auch bessere Abrechnungssysteme. Laut einer früheren Beschwerde Teslas generiert der Akku weniger Einnahmen als er sollte. Er ist einfach zu schnell: Die Hornsdale Power Reserve reagiert in weniger als 150 Millisekunden auf die Nachfrage nach Regelleistung. Auf solch flotte Reaktion seien die Abrechnungssysteme des Netzes aber nicht vorbereitet, was zum Ausfall verdienter Einnahmen führe. (ds)