5G und Funklöcher: Altmaier droht Netzbetreibern mit staatlichen Konsequenzen

Bundeswirtschaftsminister Altmaier hat die Nase voll von Mobilfunklöchern und setzt die Mobilfunkanbieter in der Diskussion zum 5G-Netzaufbau unter Druck.

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Mobilfunkmast

(Bild: dpa, Matthias Balk)

Lesezeit: 6 Min.
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  • dpa
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Angesichts der Diskussion um schlechte Netzabdeckung in dünn besiedelten Gebieten hat Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier die Anbieter zu mehr Einsatz aufgefordert. "Die Mobilfunk-Anbieter müssen ihre Zusagen erfüllen, sonst wird der Staat Konsequenzen ziehen", sagte der CDU-Politiker. "Jedes Funkloch ist ein Unding in einem Hochtechnologieland wie Deutschland." Details zu möglichen Maßnahmen nannte er aber nicht.

Im Streit um das lokale Roaming für den neuen Mobilfunkstandard 5G geht es darum, dass in Gegenden mit vielen Funklöchern die vor Ort vertretenen Provider ihre Netze auch für Kunden der Wettbewerber öffnen, die in dieser Region eigentlich keinen Empfang haben. Dieses Verfahren soll die Netzabdeckung für alle Nutzer sichern. Netzbetreiber werten strikte staatliche Vorgaben zum Roaming hingegen als betriebswirtschaftlichen Bremsklotz, weil teure Investitionen in Funkmasten damit entwertet würden. Insbesondere das bundesweite nationale Roaming, das Anbietern wie United Internet den Einstieg in den 5G-Markt erleichtern würde, wird von den Providern entschieden als eine Art Enteignung ihrer eigenen Investitionen abgelehnt.

Die schwarz-rote Mehrheit im Bundestag bat die Bundesregierung um Mitarbeit bei der Suche nach einem Kompromiss. "Wir machen uns nun Gedanken wegen einer Novelle des Telekommunikationsgesetzes", sagte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) der Deutschen Presse-Agentur. Dass die Anbieter kooperierten, sei bereits Realität. "Und jetzt wäre der Gedanke, einfach auch Planungssicherheit für die Anbieter zu schaffen, und da sind wir in der Diskussion mit den Koalitionsfraktionen, wie wir dies am besten umsetzen." Auf Wunsch des Parlaments machen sich nun Experten in der Bundesregierung Gedanken, wie die Formulierungen im Telekommunikationsgesetz genau aussehen könnten.

Mitglieder der schwarz-roten Koalition treiben eine staatliche Lösung voran. "Wir wollen eine kraftvolle Ausbauoffensive mit einer neuen staatlichen Infrastruktur-Gesellschaft. Wo der Netzausbau nicht funktioniert, soll der Staat künftig Mobilfunkmasten bauen, bis die Funklöcher geschlossen sind", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. "Als führende Wirtschaftsnation muss es unser Anspruch sein, eines der besten Mobilfunknetze der Welt zu haben."

SPD-Chefin Andrea Nahles forderte eine flächendeckende Netzabdeckung. "Wir wollen und brauchen eine lückenlose Mobilfunkversorgung auch im ländlichen Raum. An jedem Küstenstreifen Deutschlands, auf jedem Gipfel und an jeder Milchkanne dazwischen", sagte Nahles. Damit spielte sie auf eine Bemerkung von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) an, die gesagt hatte, der kommende Mobilfunkstandard 5G sei "nicht an jeder Milchkanne notwendig". Nahles nahm die zuständigen Minister Andreas Scheuer und Peter Altmaier in die Pflicht. Die Ressortchefs würden "sich mächtig ins Zeug legen", um das Ziel flächendeckender Abdeckung 2021 zu erreichen.

In diesem Frühjahr steht die Auktion von Frequenzen der neuen Mobilfunkgeneration 5G an. Die drei Netzbetreiber Telefónica (O2), Vodafone und Deutsche Telekom wehren sich juristisch gegen die von der Bundesnetzagentur vorgelegten Vergaberegeln. Wie das Handelsblatt berichtete, haben neben den großen Netzbetreibern auch die Mobilfunkanbieter 1&1 und Freenet Klagen gegen die Regeln für die Frequenzvergabe eingereicht. "Diese richtet sich gegen die Bedingungen im Ganzen und hält alle rechtlichen Optionen offen", heißt es von 1&1. Ein Freenet-Sprecher sagte, mit der Klage wolle das Unternehmen auf eine bessere Rechtssicherheit des Verfahrens drängen.

Die Klage der Telekom am Verwaltungsgericht Köln habe aber keine aufschiebende Wirkung, sagte ein Unternehmenssprecher am Mittwoch. Die Telekom wehrt sich vor allem gegen die "unverhältnismäßig hohen Auflagen", die bei der Frequenzvergabe vorgesehen seien. Sie seien gegenüber dem ersten Entwurf sogar noch einmal verschärft worden. Außerdem richte sich die Klage gegen die unklaren Regelungen in Sachen Roaming. Beide Punkte seien nicht dazu angetan, Investitionen ins Netz zu fördern, sagte der Sprecher.

Die für die Auktion der 5G-Frequenzen zuständige Bundesnetzagentur wollte die Klagen nicht kommentieren. "Wir haben in der Diskussion um die Vergaberegeln stets darauf hingewiesen, dass die Entscheidung gerichtlich überprüft werden kann. Zum laufenden Verfahren äußern wir uns nicht", sagte ein Sprecher.

Der Gründer der 1&1-Muttergesellschaft United Internet, Ralph Dommermuth, hatte öffentlich den Aufbau eines vierten Mobilfunknetzes in Deutschland erwogen. Mit der Klage sei nicht entschieden, ob sich das Unternehmen an der Auktion beteiligen werde. "Die Entscheidung über eine Teilnahme an der Auktion fällt in der zweiten Januarhälfte", sagte der Firmensprecher. Bis spätestens zum 25. Januar müssen Firmen ihr Interesse an der Frequenzauktion bei der Bundesnetzagentur anmelden.

Das Bundeskartellamt hält die Kritik für unangebracht. "Die Bundesnetzagentur hat unter den gegebenen Umständen einen guten Vorschlag für die Vergabelizenzen gemacht", sagte Kartellamts-Chef Andreas Mundt der Rheinischen Post. "Die nationalen Netzbetreiber werden verpflichtet sein, mit anderen Anbietern fair über einen diskriminierungsfreien Netzzugang zu verhandeln." Der Netzagentur falle als Schiedsrichter eine schwierige Aufgabe zu. "Das wird nicht einfach und ist mit einer gewissen Rechtsunsicherheit verbunden", sagte Mundt. Entscheidend sei die praktische Umsetzung.

Verkehrsminister Scheuer sagte, die Bundesregierung habe den Entwurf der Bundesnetzagentur in den vergangenen Monaten "echt verbessert". "Natürlich war in dieser Diskussion die Verärgerung zu spüren, die jeder Volksvertreter ins Parlament mit einbringt – nämlich, dass man in Deutschland zu wenig gut mobil telefonieren kann." Die Netzagentur hat in ihren Ende November vorgestellten Regeln für die Netzanbieter auf eine Roamingpflicht verzichtet. Sie schrieb nur vor, dass die Firmen über dieses Thema miteinander verhandeln müssen. Zudem können die Inhaber von Frequenzen "unter Beachtung des Wettbewerbs- und Kartellrechts Kooperationen zum gemeinsamen wirtschaftlichen Netzausbau eingehen", wie es in den Regelungen für die Frequenzvergabe heißt.

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