E-Sport-Studie: Gamer sitzen zu viel

Die Deutsche Sporthochschule Köln hat E-Sportler befragt. Wenig überraschend: Viele Gamer bewegen sich zu wenig, schlafen zu wenig und wiegen zu viel.

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E-Sport-Studie: Gamer sitzen zu viel

(Bild: Deutsche Sporthochschule)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
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Wer zu lange vor Spielekonsole und PC sitzt, gefährdet seine Gesundheit. Wie eine Umfrage der Sporthochschule Köln zeigt, vernachlässigen insbesondere Amateur-Spieler die physische Bewegung, weil sie weite Teile ihrer Freizeit mit den Computerspielen verbringen. Dabei kommt auch der Schlaf zu kurz.

Für die E-Sportler-Studie hatten Experten der Deutschen Sporthochschule zusammen mit der Krankenkasse AOK Rheinland/Hamburg Besucher von E-Sport-Turnieren befragt und einen Online-Fragebogen in Gamingforen veröffentlicht. 1200 E-Sportler gaben dabei Auskunft über ihr Spielverhalten und ihren Gesundheitszustand.

Professor Ingo Froböse

Die Ergebnisse sind ernüchternd. Viele Gamer geben an, dass sie neben dem Spiel am PC auch Sportarten wie Fußball, Joggen oder Fitnesstraining betreiben – doch lediglich die Hälfte erfüllt dabei die von der Weltgesundheitsorganisation ausgesprochene Empfehlung von mindestens 2,5 Stunden körperlicher Aktivität pro Woche. "Wir hätten uns gewünscht, dass parallel zum E-Sport Ausgleichs- oder Regenerationstraining betrieben wird – das ist aber nicht der Fall", erklärte Professor Ingo Froböse, Leiter des Instituts für Bewegungstherapie und Rehabilitation an der Deutschen Sporthochschule Köln.

Ein Grund dafür ist die enorm viele Zeit, in der die Befragten spielen. Dabei kommen Profis, die regelmäßig an Turnieren teilnehmen und damit zumindest einen Teil ihres Lebensunterhalts bestreiten können, auf 27,7 Wochenstunden. Amateure, die zwar auch an Turnieren teilnehmen, aber nicht davon leben können, kommen sogar auf 28,5 Stunden pro Woche. Der reine Hobby-E-Sportler verbringt hingegen pro Woche 21,8 Stunden beim Spielen – oft wird das Hobby neben einem Vollzeit-Job ausgeübt und verschlingt so große Teile des Zeitbudgets. Einzelne Befragte gaben sogar an, mehr als 100 Stunden pro Woche zu spielen.

Angesichts solcher Zeiten kommt auch der Schlaf zu kurz. Die Befragten gaben an, dass sie im Schnitt 7,1 Stunden pro Nacht schlafen – der Schnitt der Gesamtbevölkerung liegt hingegen bei 7,75 Stunden. Hinzu kommt noch die Belastung durch die ungewöhnlichen Spielzeiten. Viele Teams und Spiele seien international organisiert, sodass die Spieler in tiefer Nacht online sein müssten. Auch beim Körpergewicht macht sich dieser Lebensstil bemerkbar, das besonders angesichts des jungen Alters der Spieler alarmierend sei. Allerdings sei diese Entwicklung in der Gesellschaft allgemein feststellbar.

Zwar gaben 80 Prozent der Befragten an, dass ihnen eine bessere körperliche Fitness beim Spielen helfe, doch in eine gesündere Lebensweise mündet diese Erkenntnis derzeit noch nicht. Die Befragten ernähren sich unausgewogen und essen zu selten Obst und Gemüse. Ein Grund dafür sieht Froböse in dem Mangel an Vorbildern und Anleitung. Viele E-Sportler trainierten lediglich nach dem Motto "viel hilft viel", in der Hoffnung, dass mehr Zeit hinter dem Bildschirm zu besseren Spielergebnissen führe.

Dies sei jedoch eine Fehlannahme. Froböse wirbt gerade unter den Amateuren dafür, dass sie ihre Spielzeit wesentlich reduzieren und stattdessen mehr Ressourcen in Ausgleichssport investieren. Die Sporthochschule hat eine Auswahl einfacher Übungen online gestellt, mit denen Gamer die besonders in Anspruch genommenen Handgelenke dehnen und kräftigen können. Damit ist es jedoch nicht getan. "Um richtig sitzen zu können, braucht man zum Beispiel eine vernünftige Rumpfmuskulatur", sagte Froböse. Auch Ausdauertraining sei sinnvoll, um die manchmal recht langwierigen Turniere durchzustehen. Ob eine bessere körperliche Fitness generell zu besseren Spielergebnissen führt, ist bisher jedoch noch nicht untersucht.

Die Sporthochschule will durchdachte Trainingsprogramme aufbauen. Selbst in kommerziellen Teams, in denen sich ein Trainer auch um die gesundheitlichen Belange der Spieler kümmere, gebe es großen Nachholbedarf. "Die Professionalisierung im Trainerbereich tendiert derzeit noch gegen Null", sagte Froböse. Die Trainer seien oft ehemalige E-Sportler ohne gesonderte Ausbildung, die nun insbesondere jugendliche Spieler führen müssten.

Deshalb wollen die Wissenschaftler der Sporthochschule zusammen mit der AOK Rheinland/Hamburg das Training des E-Sport-Teams von Borussia Mönchengladbach begleiten, um so einen Eindruck davon zu bekommen, welchen Belastungen E-Sportler ausgesetzt sind und wie sie die am besten mit anderer körperlicher Aktivität kombinieren können. Durch die direkte Arbeit mit Profis verspricht sich die Krankenkasse einerseits Erkenntnisse für gezielte Präventionsprogramme, andererseits sollen die E-Sportler als Influencer für einen gesünderes Verhältnis zum E-Sport werben.

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(anw)