"Chaos im Netz" / "Ralph Breaks the Internet": Wenn Disney das Internet gebaut hätte

Zwei Videospielfiguren erleben Abenteuer im Internet. Kann das einen guten Film geben? Eine Rezension zu Disneys "Chaos im Netz".

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Chaos im Netz: Wenn Disney das Internet gebaut hätte

Ralph und seine Freundin Vanellope begeben sich auf der Suche nach Ersatzteilen für ihre Spielhalle ins Internet und machen dabei einiges kaputt.

(Bild: Disney)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Fabian A. Scherschel
Inhaltsverzeichnis

Ist es möglich, aus dem Internet einen guten Film zu machen? Mit "Chaos im Netz" (Originaltitel "Ralph Breaks the Internet") hat Disney genau das versucht. Und im Großen und Ganzen gelingt es auch.

Herausgekommen ist eine Mischung aus Abenteuerfilm, Parodie und Komödie, die man sich gut ansehen kann. Erwachsene alleine müssen sich den Film wohl nicht unbedingt antun – er hat nicht das Kaliber einer "Toy Story" – aber wer seine Kinder begleitet, wird trotzdem Spaß haben.

"Chaos im Netz" übernimmt das Erfolgsrezept des Vorgänger-Titels "Wreck-It Ralph" (deutscher Titel: "Ralph reichts"), der als Videospiele-Verfilmung vor allem deswegen funktioniert, weil er eben nicht ein einziges Spiel verfilmt, sondern eine Art Meta-Parodie auf das Genre ist und stattdessen mit vielen Gastauftritten verschiedener Videospiele-Figuren aufwartet. So ist "Chaos im Netz" dann auch eine Meta-Parodie auf das Netz als Ganzes. Der Film versteht das Internet quasi als Genre, ähnlich wie der Vorgänger Videospiele in ihrer Gesamtheit analysiert.

Chaos im Netz (12 Bilder)

Der erste Blick auf's Internet.
(Bild: Disney)

Ohne hier den Plot oder wichtige Einzelheiten verraten zu wollen: Ralph und seine Freunde begeben sich im Netz auf die Suche nach einem Ersatzteil für ein Videospiele-Kabinett aus ihrer Arcade. Diese Abenteuergeschichte ist zwar nicht lückenlos fesselnd, aber sie ist interessant und die an allen Ecken und Enden eingestreuten Witze sitzen fast immer. Insider-Anspielungen lassen hier auch erwachsene Nerds öfters auf ihre Kosten kommen. Besonders die nicht so subtile Gesellschaftskritik an Disneys eigenen Prinzessinnen-Filmen trifft überraschend scharfzüngig auf den Punkt.

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Intellektuell gesehen ist das Niveau des Films allerdings relativ flach – was für einen Kinderfilm wahrscheinlich nicht besonders überraschend ist. Das Internet kann eben nur deswegen erfolgreich in einen solchen Film gepresst werden, weil er es sehr vereinfacht betrachtet und riesige Themenbereiche komplett ausblendet. So besuchen wir natürlich an keinem Punkt den Porno-Distrikt des World Wide Web. Wir sehen hier das Internet wie es wäre, wenn Disney es geplant und gebaut hätte.

Pop-up-Blocker und nervige Werbung werden zwar angesprochen, Tracking und Privatsphäre war den Machern aber wohl als Thema zu kompliziert, um es differenziert zu betrachten. Immerhin bekommt die Auto-Vervollständigung moderner Suchmaschinen ihr Fett weg. Ansonsten ist das Darknet buchstäblich dunkel, die Hacker sind alle böse und niemand außer riesigen globalen Tech-Konzernen scheint vertrauenswürdige Webseiten zu betreiben. Linux benutzt auch niemand.

Manchmal spiegelt der Film allerdings dann doch auf scharfsinnige Weise (oder vielleicht auch durch Zufall) die Realität erstaunlich gut wider. So wird die große Wurm-Infektion eben nicht durch Anti-Viren-Software beendet und der Star der viralen Videos wird zwar nicht auf Dauer glücklich, wohl aber durch seinen unsinnigen Nachahmer-Content schnell reich. Auch die Abzocke moderner Free-to-Play-Videospiele wird sehr zutreffend dargestellt.

Insgesamt ein gelungener Film, wenn man sich auf seine enge Sichtweise der Dinge und die teilweise eigenartigen Marotten der Geschichte einlässt – warum etwa wird die Spielhalle erst jetzt ans Internet angeschlossen? Dass heutzutage irgendjemand das Internet als etwas wirklich Neues entdeckt, erscheint nun doch als extrem konstruierte Situation; selbst wenn es sich bei den Hauptcharakteren um Videospiele-Figuren aus den '80ern und '90ern handelt. Für "Chaos im Netz" gilt: Angucken, mitfiebern und Spaß haben. Aber bloß nicht zu lange über die Details nachdenken.

"Chaos im Netz" ist ab dem 24. Januar in deutschen Kinos zu sehen.

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(fab)