Im Grenzbereich

Kommentar: Tempolimit-Diskussion am Begrenzer

In schöner Regelmäßigkeit wird in Deutschland über ein Tempolimit gestritten. Die Argumente dafür und dagegen sind aus früheren Debatten weitgehend bekannt. Liegt die einzige Lösung, die verbitterte Diskussion zu beenden, in einer Utopie? Ein Kommentar

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(Bild: Polizei Bayern)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Martin Franz
Inhaltsverzeichnis

Die Diskussion um ein allgemeines Tempolimit flammt mit einiger Zuverlässigkeit alle paar Jahre wieder auf. Wirklich neue Einlassungen sind selten, und so werden die bekannten einfach frisch serviert. Der ADAC ist ebenso erwartungsgemäß dagegen wie Umweltverbände dafür. Beide Seiten führen dann Argumente auf, im Idealfall unterfüttert mit Studien, die belegen, dass die eigene Sicht auf die Dinge ganz unzweifelhaft die richtige sein muss.

Wie in so vielen aktuellen Diskussionen vertiefen sich auch hier die Gräben, was einen sinnvollen Kompromiss erschwert. Das ist schade, denn vielleicht ist eine Entscheidung doch gar nicht so kompliziert, wie es die unversöhnlichen scheinenden Argumentatoren vermuten lassen. Zumindest in der Theorie.

Pro?

Es ist schon ein paar Jahre her, da fuhr ich an einem sehr frühen Samstagmorgen von der neuen in die alte Heimat, eine Strecke von rund 600 Kilometern. Wetter und Straße waren hervorragend, der Verkehr kaum der Rede wert. Wo möglich, lag das Tempo zwischen 160 und 180 km/h, was bei den damaligen Verhältnissen stressfrei war: Kein Drängeln, ein höflicher Umgang miteinander, Einhaltung des Rechtsfahrgebotes – zwischendurch hatte ich den Eindruck, es wären nur umsichtige Fahrer am Steuer. Es war mir eine Freude. Ein klares Bekenntnis gegen ein Tempolimit, meinen Sie? Nun, so einfach ist die Sache nicht.

Contra?

Denn das Gegenbeispiel ist der Alltag, den viele kennen. Ganz extrem wurde mir das auf der Autobahn A7 Richtung Flensburg bewusst. Vor der Grenze nach Dänemark hatten es viele eiliger, als es die Verhältnisse zuließen, dahinter war die Sache urplötzlich vollkommen entspannt. Kein Wunder, die skandinavischen Länder haben nicht nur den Ruf, Tempolimits gut zu überwachen, sondern Verstöße auch drakonisch zu bestrafen. Ich befürworte diese Kombination ausdrücklich und vermisse sie in Deutschland schmerzlich.

Wo ein Tempolimit gilt, sollte es knackscharf überwacht werden. Hier schreibt nicht etwa ein Engel, auch ich bin schon erwischt worden. Dabei habe ich den Klassiker, nachts vor einem Kindergarten mit 36 km/h ertappt zu werden, auch erlebt. Auf meine Frage, ob dies tatsächlich der Sicherheit der Kinder dient, bekam ich die Antwort, Regeln seien da, um befolgt zu werden. Das ist zweifelsohne absolut korrekt, die Akzeptanz gegenüber Kontrollen hebt es eher nicht, was ich schade finde.

Schneller als der Rest

Das Problem sind jedoch nicht diejenigen, die nachts vor Kindergärten unverfroren sechs Kilometer pro Stunde zu flink sind oder auf einer verkehrsarmen Autobahn Tempo 160 fahren. Sondern die, die im dichten Verkehr unbedingt 10 bis 15 km/h schneller sein müssen als der Rest, warum auch immer. Das lässt sich im übrigen auch auf Landstraßen übertragen, wo mehr Unfälle passieren als auf der Autobahn. Auf meiner täglichen Pendelstrecke über Land erlebe ich wöchentlich aufregende Überholmanöver, bei denen alle in der Kolonne mitspielen müssen, damit nichts schiefgeht. Im Ergebnis können sich die „Helden“ dann daran erfreuen, etwas weiter vorn in der Kolonne mitschwimmen zu können – bestenfalls. Im schlimmsten Fall schwimmen sie und Unbeteiligte nie wieder mit, was häufiger passiert, als manche von ihnen glauben wollen.