Neurotransmitter reguliert Essverhalten

Magen und Darm kommunizieren regelmäßig mit unserem Denkapparat – und schütten süchtigmachende Botenstoffe aus, so Max-Planck-Wissenschaftler.

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Wie das Gehirn das Essverhalten reguliert

(Bild: Photo by Piotr Miazga on Unsplash)

Lesezeit: 3 Min.
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Warum haben wir Hunger und warum essen wir manchmal zu viel? Die Antwort auf diese Fragen sind komplizierter, als sie auf den ersten Blick erscheinen mögen. Ein komplexes Geflecht an Verhaltensmustern und Botenstoffen spielt eine zentrale Rolle, den Körper mit Energie aus Nahrung zu versorgen. Eingreifen kann der Mensch an vielen Stellen.

Forscher am Max-Planck-Institut (MPI) für Stoffwechselforschung in Köln haben nun die Interaktion zwischen dem Magen-Darm-Bereich und dem Gehirn untersucht und dabei herausgefunden, dass es zu einem ständigen Austausch kommt, bei dem der Botenstoff Dopamin eine entscheidende Rolle spielt – ebenso wie Neurofeedback in Form von Belohnungsreizen.

Frühere Experimente mit Mäusen hätten ergeben, dass es dem Gehirn gemeldet wird, wenn Nahrung den Magen erreicht, erklärt das der Forschungsgruppenleiter Marc Tittgemeyer, der dem Projekt zusammen mit Heiko Backes vorstand. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass dies auch beim Menschen geschieht und, darüber hinaus, welche Hirnareale dabei beteiligt sind."

So "freut sich" der Denkapparat auf Dopamin – und dieses wird freigesetzt, wenn Nahrung in den Körper eingeführt wird. Ist sie schließlich im Magen-Darm-Trakt gelandet, gibt es eine erneute Rückmeldung, die dafür sorgt, dass die Dopamin-Ausschüttung sich reduziert. Bei Menschen, bei denen dies nicht erfolgt, kommt es dazu, dass sie einfach weiterfuttern – Fettsucht kann die Folge sein.

Das Verlangen nach Nahrung sei eng mit Dopamin verbunden, sagen Tittgemeyer und Backes, die sich als Neurowissenschaftler mit dem Thema auseinandersetzen. Das Belohnungssystem ist jedoch fragil. "Wenn die Belohnungssignale stärker als das Gleichgewichtssignal sind, essen wir mehr als notwendig", so Backes.

Dopamin ist ein den Körper erregend wirkender Botenstoff, der in den Populärwissenschaften gerne als Glückshormon tituliert wird. Eine Art "Doping durch Nahrung" lässt sich also nicht ausschließen.

Laut Tittgemeyer und Backes existiert eine Verbindung zwischen dem subjektiven Gefühl des Hungers (also dem Verlangen nach Nahrung) und der Ausschüttung des Dopamins. Die Hirne von Probanden, die "ein besonderes Verlangen nach einem Milchshake" gehabt hätten, setzten mehr Dopamin frei, wenn das Getränk im Mund war. "Sobald es aber den Magen erreichte, wurde weniger Dopamin ausgeschüttet."

Wer nun hofft, die Fettsucht allein durch Dopamin regulieren zu können, täuscht sich laut der Wissenschaftler allerdings. Der Einfluss zwischen Botenstoffen und tatsächlichem menschlichen Handeln ist noch nicht genau genug erforscht, zudem greift immer auch noch die kognitive Kontrolle. "Da ist noch einiges an Forschung nötig", so Tittgemeyer. Zudem ist Dopamin nur ein Ansatzpunkt. So hat sich etwa gezeigt, wie wichtig das Mikrobiom eines Menschen – also die Flora in Magen und Darm – für die Regulierung der Nahrungsaufnahme sein kann. Je nach Zusammensetzung der dortigen Bakterien scheinen manche Menschen eher zu Übergewicht zu neigen, hat sich in den vergangenen Jahren gezeigt.

(bsc)