Post aus Japan: Scharfes Filmen wird erschwinglich(er)

4K-Videos sind schon fast der Schnee von gestern. In naher Zukunft werden wohl erschwinglichere 8K-Kameras auf den Markt kommen. Das zeigt ein Blick nach Nippon.

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Post aus Japan: Scharfes Filmen wird erschwinglich(er)

(Bild: Sharp)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Martin Kölling
Inhaltsverzeichnis

Die Produktion visueller Inhalte ist ihrer Wiedergabe bereits ein weiteres mal voraus. Während japanische und koreanische TV-Hersteller erst jetzt superhochauflösende 8K-Fernseher superteuer auf den Markt bringen, gibt es professionelle 8K-Kameras schon länger, die Videos mit einer Auflösung von rund 33 Millionen Bildpunkten aufzeichnen. Doch in den kommenden Monaten kommen die ersten der neuen cinematischen Pixelmonster für die breiteren Schichten auf den Markt. Und der Pionier ist dabei ausgerechnet ein TV-Hersteller, der bei nichtprofessionellen Kameras eigentlich alles verloren hat: der vom taiwanesischen Auftragsfertiger Foxconn gekaufte Technikkonzern Sharp.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Auf der amerikanischen Elektronikmesse CES hat Sharp neben seinen professionellen Camcordern auch eine etwas erschwinglichere und kompakte 8K-Videokamera mit ausklappbarem Bildschirm vorgestellt. Irgendwann bis September soll sie für 3.000 bis 4.000 US-Dollar auf den Markt kommen.

Damit ist sie zwar teurer als die neuesten Vollformat-Fotokameras der Fotospezialisten Canon, Sony, Nikon und künftig womöglich auch Panasonic (die Firma wird wohl Mitte Februar noch Details und den Preis seiner ersten Vollformatkamera vorstellen). Aber sie deutlich preiswerter als die bisherigen 8K-Kameras.

Die richtigen Filmemacher können, wenn sie sparen müssen, bisher beispielsweise zu Kameras des Herstellers Red greifen. Dessen 8K-Vollformatvideokamera trägt passenderweise den Namen Monstro – und auch der Preis ist monströs, wenigstens für die meisten Hobbyisten. 54.500 US-Dollar stehen auf Reds Webseite. Wer einen etwas kleineren Sensor akzeptiert, bezahlt bereits weniger als halb so viel. Die Preise der japanischen Konkurrenz sind noch höher.

Doch Sharp drückt die Kosten, indem die Ingenieure die vielen Pixel auf einem noch kleineren Micro-Four-Thirds-Sensor zusammenpferchen. Die Kantenlänge des von Panasonic und Olympus entwickelten Objektiv- und Sensorsystems ist mit 18 mal 13,5 Millimetern etwa halb so groß wie die sogenannten Vollformatsensoren. Das reduziert schon mal die Kosten.

Zudem mogelt sich Olympus mit dem Griff zu dem bereits seit Jahren etablierten System um die Herausforderung herum, eigene Objektive zu entwickeln. Käufer können sich einfach aus der breiten Palette von Micro-Four-Thirds-Objektiven verschiedenster Hersteller bedienen.

Außerdem wird die Kamera laut Sharp nur 30 Bilder pro Sekunde schießen. Wer schnellere Bildfolgen will – und viele Videografen wollen das, müsste bei Sharp dann schon zum Modell 8C-B60A greifen. Das Gerät füllt Zwei-Terabyte-Speicher innerhalb von 40 Minuten randvoll mit hochqualitativen Bilddaten. Dafür kostet es mit einem Listenpreis von 8,8 Millionen Yen (70.000 Euro) auch noch etwas mehr als die schon erwähnte Red.

Doch die Preise dürften bald zu sinken beginnen. Canon deutete bereits an, dass der Traditionshersteller neben professionellen 8K-Kameras in Bälde auch eine spiegellose Systemkamera mit der superhohen Auflösung ins Programm aufnehmen will. In Sonys Fall wird bereits seit Wochen spekuliert, dass der Konzern sein 8K-Reich von professionellen Höhen nun auch mit einem neuen Sensor in die Niederungen der bisherigen Systemkameras ausdehnen will.

Und der Wille, 8K wettbewerbsfähig in der Breite anbieten zu können, ist meines Erachtens einer der Gründe für Panasonic, vom Micro-Four-Thirds-System in den Vollformat-Markt einzusteigen. Interessanterweise nutzen die Japaner den Objektivanschluss seines langjährigen deutschen Partners Leica.

Panasonic stellt schon seit Jahren Micro-Four-Thirds-Objektive mit dem Namen Leica her. Im Gegenzug hat die deutsche Premiummarke kompaktere Kameras von Panasonic mit eigenem Schriftzug oder dem roten Leica-Punkt verkauft. Aber das ist ein anderes Thema.

Viele Skeptiker werden jetzt fragen, ob die Pixeljagd überhaupt Sinn macht, wenn sich selbst 4K-TVs erst noch flächendeckend durchsetzen müssen. Ich allerdings denke es schon. Denn 8K-Aufnahmen eröffnen ganz neue Möglichkeiten: Videografen können dann bei 4K-Wiedergabe ohne Qualitätsverlust digital zoomen oder Bildschwenks durchführen.

Außerdem kann man beispielsweise bei Interviews mit einem Bild verschiedene Kameraeinstellungen herausschneiden. Für Überwachungsaufgaben sind höhere Auflösungen ohnehin ein Selbstläufer. Denn dann können mit weniger Kameras mehr Menschen genauer erfasst werden.

Auch betriebswirtschaftlich macht das Wettrennen womöglich Sinn. Denn der Markt für Systemkameras könnte massiv schrumpfen. Canon-Chef Fujio Mitarai unkte kürzlich in einem Interview mit der japanischen Wirtschaftszeitung Nikkei, dass der Markt für Systemkameras bis 2020 von derzeit rund zehn Millionen auf nur noch fünf bis sechs Millionen Stück schrumpfen könnte. Alle Hersteller dürften daher stärker um Unternehmenskunden buhlen.

Aber auch im Massenmarkt brauchen sie die Technik. Denn bei einem derart harten Verdrängungswettbewerb dürften nur die wettbewerbsfähigsten Anbieter überleben. Und Video spielt für viele Kamerakäufer schon heute eine große Rolle bei der Wahl.

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