High-End-Grafikkarte Radeon VII: RTX-2080-Konter für 730 Euro

Mit der High-End-Karte Radeon VII zieht AMD fast alle Register, um Nvidias GeForce RTX 2080 durch höhere Rechen- und Speicherleistung Paroli zu bieten.

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High-End-Grafikkarte Radeon VII: RTX-2080-Konter für 730 Euro

(Bild: c't)

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Inhaltsverzeichnis

AMD widmet die aus den Machine-Learning-Beschleunigern stammenden Grafikprozessor Vega 20 bei der Radeon VII für den Einsatz in Spiele- und Content-Creation-Bereich um. Dabei will man vor allem mit der enormen Rechenleistung auch Abseits von Standardaufgaben sowie dem 16 GByte großen und mit 1 TByte/s rekordverdächtig schnellen Speicher vom Typ HBM2 punkten. Die 3840 aktiven Rechenkerne laufen mit bis zu 1800 MHz in Compute-Anwendungen und 1750 MHz unter Grafiklast – bei zu hoher Temperatur oder zu hohem Stromverbrauch takten sie mit 1400 MHz. Das hat allerdings seinen Preis: Die Leistungsaufnahme gibt AMD mit 300 Watt an, obwohl der Grafikchip bereits in 7-nm-Technik gefertigt ist, die auch beim Stromsparen helfen kann.

Als Gegner der für 730 Euro angebotenen Radeon VII hat sich AMD die GeForce RTX 2080 ausgeguckt – deren billigste Modelle allerdings rund 80 Euro weniger kosten. Auf dem Papier schlägt die Radeon die GeForce sowohl bei der Rechenleistung als auch beim Speichertransfer deutlich: 30 Prozent mehr Rechenleistung für die meisten Anwendungsfälle inklusive der Option, für KI-Berechnungen auf niedrigere Genauigkeiten wie FP16, INT8 oder INT4 zu wechseln und dafür die Rechenleistung zu vervielfachen. Auf die Tensor- und RT-Kerne der GeForce für spezielle KI- und Raytracing-Berechnungen muss die Radeon jedoch verzichten. Dafür haben ihr die AMD-Ingenieure einen Bonus bei wissenschaftlichen Berechnungen mit doppelter Genauigkeit mitgegeben: Sie erreicht dabei ein Viertel ihres Durchsatzes in einfacher Präzision – vergleichbare GeForce-Karten schaffen nur 1/32stel, oder in Zahlen ausgedrückt: 3,46 zu 0,33 TFLOPS zugunsten der Radeon VII.

Zweiter großer Pluspunkt der Radeon VII ist der Grafikspeicher vom Typ HBM2 (High Bandwidth Memory, 2nd Generation). Wie schon bei der ersten Vega-Generation und deren Frontier Edition, bekommt auch die VII 16 GByte HBM2 spendiert, während die GeForce 2080 mit 8, und auch die 2080 Ti mit 11 GByte hier deutlich zurückstehen. Auch die Transferrate des Speichers liegt mit 1 TByte/s auf rekordverdächtigem Niveau, in dessen Nähe bislang nur Beschleuniger fürs Rechenzentrum kommen. Die Radeon VII kann mit knapp 130 Prozent höherer Speichertransferrate als die GeForce RTX 2080 arbeiten.

Radeon Vega VII Radeon RX Vega 64 Liquid Cooled Edition Radeon R9 Fury X GeForce RTX 2080 FE
GPU Vega 20 Vega 10 Fiji TU104
Fertigung 7 nm 14 nm 28 nm 12 nm
Rechenblöcke 60 64 64 46
Shader-Rechenkerne 3840 4096 4096 2944
GPU-/Turbo-Takt 1400 / 1750 (1800) MHz 1406 / 1677 MHz 1050 MHz 1515 / 1800 MHz
Rechenleistung (SP / DP) 13,8 / 3,46 TFlops 13,7 / 0,86 TFlops 8,6 / 0,54 TFlops 10,6 / 0,33 TFlops
Speicher 16 GByte HBM2 8 GByte HBM2 4 GByte HBM1 8 GByte GDDR6
Datentransferrate 1 TByte/s 484 GByte/s 512 GByte/s 448 GByte/s
PCIe-Generation 3.0 3.0 3.0 3.0
Display-Anschlüsse 3 x DP 1.4, HDMI 2.0b 3 x DP 1.4, HDMI 2.0b 3 x DP 1.2, HDMI 1.4a 3 x DP 1.4, HDMI 2.0b, USB-C
TDP 300 Watt 345 Watt 275 Watt 225 Watt
Preis ab 729 Euro 700 Euro 630 Euro 850 Euro

Ihre brutale Rechenleistung und die enorme Speichertransferrate setzt die Radeon VII speziell in Anwendungen gut in Performance um. Im Pathtracer Luxmark 3.1 rechnet sie im Idealfall gut zwei Drittel schneller als die RTX 2080 sowie ihre eigene Vorgängerin Radeon RX Vega 64 und schlägt auch die deutlich teurere RTX 2080 Ti noch um 20 Prozent (Szene: Luxball HDR). Hier profitiert sie zudem von ihrer Speichertransferrate. In der komplexesten Szene des Benchmarks ("Hotel Lobby") beträgt ihr Vorsprung vor der RTX 2080 noch rund 12 Prozent, die RTX 2080 Ti hingegen muss sie ziehen lassen.

Auch im Rendering-Programm Blender, dessen Beta-Versionen seit einiger Zeit auch Nvidias RTX-2000-Karten unterstützt, schlägt sie sich sehr gut. Allerdings mussten wir ihr mit einem kleinen Trick auf die Sprünge helfen. Die anspruchsvolle "Classroom"-Szene ist ab Werk auf die Berechnung durch CPUs optimiert. Die passend auf 16 Pixel eingestellte Tile-Größe schmeckt den Radeon-Karten überhaupt nicht, stört GeForce-Beschleuniger aber nur wenig. Mit größeren Tiles von 256 Pixeln Kantenlänge erreicht die Radeon das Leistungsniveau einer RTX 2080 Ti und berechnet die Classroom-Szene in 184 Sekunden. Die 2080 Ti schafft das eine Sekunde schneller. Eine GeForce RTX 2080 braucht im Idealfall (Tile Size 16) 199 Sekunden und bei Tile Size 256 212 Sekunden. Die Radeon RX Vega 64 rechnet noch einmal zwei Sekunden langsamer. Zum Vergleich: Ein Prozessor vom Typ Core i5-9600K braucht mit sechs Kernen und 4,3 GHz dafür über 1400 Sekunden.

Im DirectX11-Benchmark 3DMark Firestrike Extreme bleibt die Radeon VII mit gut 12000 Punkten rund vier Prozent hinter der RTX 2080 zurück, im Timespy verliert sie stärker und landet mit gut 8600 Punkten gut 16 Prozent hinter ihrer Konkurrentin.
In Spielen schafft sie in der WQHD-Auflösung mit 2540x1440 Pixeln problemlos flüssige Bildraten, die wie in Far Cry 5 oft sogar jenseits der 100-fps-Marke liegen. Auch Shadow of the Tomb Raider als DX12-Spiel meistert sie mit 82 fps äußerst geschmeidig. Die Geforce RTX 2080 berechnet jeweils vier bis fünf Bilder pro Sekunde mehr.
Auch in 4K-Auflösung bleibt die Leistung stark und das Paradebeispiel Far Cry 5 jenseits der 60 fps. Auch Shadow of the Tomb Raider bleibt mit 45 Bildern pro Sekunde bei maximalen Details und 4x MSAA noch flüssig spielbar – dasselbe Niveau schafft auch die RTX 2080. Nur in GTA 5, das AMD-Karten nicht so gut liegt, zieht die GeForce mit rund 56 zur 46 fps etwas davon.
AMDs ehemaliges Flaggschiff Radeon RX Vega lässt die Radeon VII in Ultra HD um rund ein Drittel hinter sich.

High-End-Grafikkarte AMD Radeon VII (5 Bilder)

AMD Radeon VII

AMD Radeon VII: Die Lüfterhalterung/Kühlerabdeckung wird von Torx-Schrauben gehalten.
(Bild: c't)

Um die hohen Taktraten zu erreichen, muss AMD bei der Leistungsaufnahme auf "Feuer Frei" schalten. 300 Watt sind angedacht und werden unter Volllast wie im Furmark auch erreicht, Spitzen gehen für Sekundebruchteile bis in den Bereich von 400 Watt. Dabei hält die Karte allerdings den Takt noch bei 1600 MHz und damit oberhalb ihres Basistaktes.
Unter Teillast genehmigt sich die Radeon VII circa 246 Watt, hier messen wir Spitzenausschläge bis auf 302 Watt.
Dafür müssen die drei 75 Millimeter durchmessenden Axiallüfter ordentlich schuften. Bleiben Sie im Leerlauf noch mit weniger als 0,1 Sone unterhalb unserer Messgrenze und damit nahezu unhörbar, drehen sie unter Volllast auf knapp 3000 U/min hoch und erzeugen heulende 3,3 Sone. In Compute-Anwendungen jedoch scheint die Karte trotz hoher Last an den Hotspots weniger heißzulaufen und so messen wir etwa beim Luxmark in Dauerschleife erträglichere 2,0 Sone.

Das Herz der Radeon VII: Die Vega 20 GPU.

(Bild: c't)

Die Radeon VII lässt AMD im avisierten Marktsegment wieder ein Wörtchen mitreden. Gegenüber der GeForce RTX 2080 ist sie in Spielen meist auf Augenhöhe und verfügt über ein großzügigeres Speicherpolster. Dafür ist sie deutlich lauter und energiehungriger als Nvidias RTX-Karten. In Compute-Anwendungen nimmt sie es meist sogar mit der wesentlich teureren GeForce RTX 2080 Ti auf und deklassiert in einigen Spezialbereichen sogar diese.
Laut AMD ist die Radeon VII ab sofort für empfohlene 729 Euro im Handel verfügbar. Die Karten entsprechen allesamt dem AMD-Referenzdesign und werden nur mit unterschiedlichen Aufklebern und Kartonagen verkauft. (csp)