Bit-Rauschen: Der Handelskrieg gegen China stört die IT-Branche

Apple, Intel, AMD, Nvidia, Qualcomm, TSMC, Samsung, Bosch – die Liste der IT-Firmen, die unter Donald Trumps Attacken auf China leiden, wird immer länger. Intel hat endlich einen fast neuen Chef.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht
Bit-Rauschen
Lesezeit: 5 Min.

Viele internationale IT-Firmen haben in den vergangenen Wochen ihre (meistens guten) Ergebnisse für 2018 verkündet und dabei auch ihre (meistens bescheidenen) Prognosen für 2019 bekannt gegeben. Für die trüben Ausblicke wurden oft „schwierige makroökonomische Bedingungen“ verantwortlich gemacht. Mit diesem Euphemismus ist außer dem Brexit auch Donald Trumps Feldzug gegen China gemeint, wo die Geschäfte in der Folge immer schlechter laufen – das ist ja der Sinn der Attacke. Mal sehen, wie lange sich die Chefs der profitorientierten IT-Giganten das Gebaren der Republikaner noch zähneknirschend anschauen, bevor sie aufmucken.

Die Trump-Mannschaft steigert nicht nur mit Zöllen den Druck auf China, sondern setzt möglichst viele Daumenschrauben an. Sie sind Munition für bilaterale Verhandlungen. Der Vorwurf der (Industrie-)Spionage trifft Huawei und ZTE, aber auch weniger bekannte Namen wie die Videoüberwachungsexperten Dahua und Hikvision sowie die DRAM-Fab JICC (siehe S. 16 und 18). Als Kollateralschaden riskiert Trump Verstimmung in Taiwan – vielleicht ist es ihm ganz recht, wenn man sich dort ein bisschen vor der Schutzmacht fürchtet. Den trumpschen Ego-Feldzug dürften auch Südkorea, Singapur und Japan sorgenvoll beobachten, die sich vor Ort mit dem Giganten China arrangieren müssen.

AMD und Intel erwarten ein eher schwaches erstes Quartal, erst in der zweiten Jahreshälfte soll es aufwärts gehen. Das liegt auch an neuen Produkten, die eben erst ab der Computex Anfang Juni zu haben sein werden: AMDs Zen-2-Prozessoren Epyc Rome und Ryzen 3000 (Matisse), Intels Xeon-SP Cascade Lake und später dann Ice Lake/Sunny Cove sowie Lakefield. AMD freut sich über 350 Millionen US-Dollar Nettogewinn im Jahr 2018, erwartet für 2019 aber nur einen Umsatzzuwachs im einstelligen Prozentbereich – nach 23 Prozent 2018.

AMD-CEO Lisa Su betonte bei der Präsentation der Ergebnisse am 29. Januar, man habe das Ziel des Epyc-Marktanteils im „mittleren einstelligen Bereich“ erreicht. Laut Mercury Research konnten die Epycs den Xeons 3,2 Prozent Marktanteil (nach Stückzahl) abnehmen.

Außerdem verkauft AMD recht viele Profi-Grafikkarten (Radeon Pro) und Rechenbeschleuniger (Radeon Instinct). Unter anderem verwendet sie Google für einen Game-Streaming-Service, von dem allerdings bisher nur ein US-Testlauf namens „Project Stream“ zu sehen war. Womöglich will Google damit Chromebooks und Android-Smartphones in preiswerte Gaming-Maschinen verwandeln, jedenfalls wenn die Netzanbindung schnell genug ist.

Die Epycs bescherten AMD bisher noch Verluste, unter anderem wegen der teuren Arbeiten am Zen 2 „Rome“. Doch immerhin bringen die Epycs und die Profi-GPUs schon 15 Prozent Umsatzanteil, Tendenz steigend. Wenn die 64-Kerner auf den Markt kommen, soll dann auch der Profit stimmen und die Kasse klingeln.

Intels neuer Chef Bob Swan war bis 2015 eBay-Finanzchef und davor unter anderem auch bei General Electric.

(Bild: Intel)

Seit dem 31. Januar ist Bob Swan der fast neue Intel-CEO. Er führt die Geschäfte ja schon seit Juni 2018 kommissarisch und war zuvor Finanzchef (CFO). Laut US-Wirtschaftsmedien hatte er Mitte 2018 noch nicht vor, sich als CEO zu bewerben. Doch nun will er Intel durch die Transformation vom PC-Zulieferer in eine „Data-centric Company“ führen. Prozessoren für Rechenzentren – sprich: Xeons – bringen fast die Hälfte des Gewinns ein, obwohl sie nicht einmal ein Drittel vom Umsatz ausmachen. Das Geschäft mit Rechenzentren ist also hochprofitabel und brummt, Umsatz (plus 21 Prozent) und Gewinn (plus 51 Prozent) wachsen deutlich schneller als bei den PC-Prozessoren (plus 9 respektive 10 Prozent).

Swan heuerte nach seinem betriebswirtschaftlichen Studium bei General Electric an und stieg dort in mehrere Führungspositionen auf. Nach Stationen bei Northrop Grumman und HP wurde er Finanzchef von eBay, wo er neun Jahre lang blieb. 2015 wechselte er zu einer Beteiligungsfirma und dann 2016 zu Intel. Bei technischen Entscheidungen wird er sich als Finanzexperte wohl eng mit den jeweiligen Vizepräsidenten abstimmen.

Den ersten Rang als weltweit umsatzstärkster Halbleiterhersteller hat Intel schon 2017 Jahren an Samsung abtreten müssen. Der Abstand auf die nächsten Verfolger ist dann aber groß. In der Branche setzt sich die Konzentration auf wenige Giganten immer weiter fort. Der McClean Report der Beratungsfirma IC Insights schätzt, dass 2018 die 50 größten Halbleiterfirmen 89 Prozent der gesamten Umsätze einsackten, die 514 Milliarden US-Dollar betrugen. Insgesamt wurden erstmals mehr als 1 Billion Halbleiterbauelemente verkauft. Dabei zählte IC Insights aber jede einzelne LED und jeden Schalttransistor mit. Die Stückzahlen sollen 2019 weiter steigen – fraglich ist aber, ob auch der Ertrag dann noch stimmt, wenn sich das Wirtschaftswachstum abkühlt. (ciw)